Vor 30 Jahren: Mit dem Käfer nach Ägypten (ohne Fähre!) – 3

Immer noch Tag 4 (26. 12.1992)

Da standen wir nun: den Benzinvorrat genau kalkuliert bis Bulgarien (dort würde es wieder überall Sprit geben); doch an der Donaufähre Calafat-Vidin beträgt die Wartezeit zwei Tage, wir haben keinen Camper, ein Hotel oder eine Pension gibt es nicht, im Tank noch ein Rest unbekannter Größe sowie fünf Liter im Reservekanister. Der nächste Ort mit Tankstelle dürfte Craiova sein, rund 100 Kilometer weit weg. Verbrauch des Käfers: rund 8,5 Liter auf 100 Kilometer. Wird es bis Craiova reichen? Und dann? Die nächste Möglichkeit der Donauquerung wäre in Giurgiu/Russe und ein unheimlicher Umweg für unsere Route über Sofia. Aber was blieb uns übrig?

Der 1966er Sparkäfer hat noch den alten Kraftstoffhahn, wir würden also fahren, bis der Motor blubbert, dann auf Reserve schalten, damit stünden „theoretisch“ noch fünf Liter Reserve zur Verfügung (aber wer weiß schon, ob man die aus dem Tank bekommt?) und dann haben wir noch weitere fünf Liter im Kanister. Wir sind optimistisch und denken: das geht!

Auf geht’s, nach Craiova! Die Spannung steigt: wann müssen wir umschalten auf Reserve? Es dauert erfreulich lange, bis wir den Hahn umdrehen müssen, und so erreichen wir Craiova relativ entspannt. Doch nun gilt es, ohne Umwege die Tanke zu finden. Die sind (damals) nicht etwa strategisch an den Ausfallstraßen platziert, sondern irgendwo mitten in der Stadt. Um gar nicht erst viel Zeit mit Suchen zu verplempern, fragen wir den ersten besten am Straßenrand, und der führt uns freundlicherweise fast direkt bis zur Tanke. Puh, geschafft! Natürlich, wie für Rumänien üblich, steht eine lange Schlange davor, aber das ist uns schon fast egal…

Mit vollem Tank hieß es jetzt erstmal Strecke machen, denn wir waren reichlich ins Hintertreffen geraten. Dabei wurde es (schon wieder) dunkel. Ihr erinnert Euch: fahren im Dunkeln, das ist sowas wie russisch Roulette. Doch wir haben einen Trick entdeckt: lass Dich von einem Einheimischen überholen und folge ihm in seiner halsbrecherischen Geschwindigkeit. Zuverlässig bremst er aber vor jedem Schlagloch, vor jeder Überraschungskurve. Doch irgendwann brauchten wir wirklich ein Bett. In Alexandria (nein, wir waren noch nicht in Ägypten) hatten wir ein „Hotel“-Schild erspäht, dem wir folgen wollten. Über dunkle Straßen in den Außenbezirken kamen wir zu einem augenscheinlich noch nicht fertiggestellten Neubau, dort jedoch: alles duster, kein Mensch zu sehen. Nun waren wir der Meinung: wenn es ausgeschildert ist, muss es auch in Betrieb sein. Wir wollten pennen!

An irgendeiner Tür wurde uns dann doch geöffnet, und wir stolperten in einen Saal voller Menschen, Musik und Rauch. Eine lokale Band hatte gerade eine Live-Aufnahme gemacht, und alle waren eingeladen (und inzwischen gut unterwegs). Was für ein Kontrast: die stillen, grauen Viertel und dann hier drinnen diese wilde, laute Party!

Der Chef persönlich organisierte noch etwas zu essen für uns (das Büffet war leider schon geplündert), und dann durften wir ab in die Koje. Pech für mich, die Frostbeule: es war schon wieder kalt.

Tag 5 (27. 12.1992) – 690 km

Wir hatten noch viel aufzuholen, also früh aus den Federn und weiter gen Osten (um danach wieder nach Westen zu fahren). Ziel war die „Giurgiu-Russe-Freundschaftsbrücke“ über die Donau, sie ist eine Stahl-Fachwerkbrücke, die im Jahre 1954 eröffnet wurde. Auf zwei Etagen fahren Eisenbahn und Fahrzeuge über das 2,8 Kilometer lange Bauwerk. Sie überquert die Donau und damit die Grenze zwischen Rumänien und Bulgarien und entsprechend standen wir wegen der Grenzformalitäten erstmal im Stau. Als nächstes folgte eine halbe Katastrophe, Grenzübertritt Level 3, wie das ablief, berichte ich Euch nächste Woche.

Grau-in-grau vor der Donaubrücke. Trostloser geht’s nicht. Rechts die LKW, links die PKW. Das geübte Auge entdeckt unseren Käfer als drittes Auto von hinten.
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