Vor 30 Jahren: Mit dem Käfer nach Ägypten (ohne Fähre!) – 7

Immer noch Tag 12 (3.1.1993) – 424 km

Wüstenlandschaft in Jordanien

Wir hatten Jordanien bereits zur Hälfte durchquert, die Hauptstadt Amman und auch die von dort noch guten Straßen hatten wir hinter uns gelassen. Hinter Ma‘an folgte ein kleiner Abstieg, und dann eröffnete sich das Panorama des Golf von Aqaba: Vor uns die jordanische Hafenstadt Aqaba, rechts das israelische Elat und dahinter das ägyptische Taba. Leider gab es zu der Zeit keinen Weg, der diese drei Städte miteinander verband – das wäre am einfachsten gewesen. Stattdessen muss man, um nach Ägypten zu kommen, mit der Fähre (genannt „Brücke von Arabien“) von Aqaba nach Nuweiba auf dem Sinai. Immerhin: das Ende unseres Bangens. Was uns vor der Abreise keiner in Europa mit Sicherheit sagen konnte: die Fähre existiert!

Nach einigem Suchen haben wir den richtigen Hafen gefunden, wo diese Fähre ablegen sollte. Es war 14:30 Uhr. Wir durften aber noch nicht auf das Gelände fahren, denn wir hatten noch kein Fährticket. Also zu Fuß zum Büro, um ein Ticket zu kaufen und unsere Ausreiseformalitäten zu erledigen. Wir fühlten uns etwas unter Zeitdruck, denn es hieß, die Fähre legt gegen vier, halb fünf ab.

Warten auf die Fähre in Aqaba

DM 210 kostete und die Überfahrt, nicht gerade ein Schnäppchen für die kurze Strecke auf dem rumpeligen Kahn, aber die meisten Mitfahrer waren Kuwaitis und Saudis, und Ägypter, die dort arbeiten und genug Geld haben.

Irgendetwas schnarrte aus den Lautsprechern, und alle rannten zu den Autos. Aber nein, jetzt kamen erst die Passagiere vom Schiff runter. Insgesamt dauert es noch eine ganze Weile, erst um 19 Uhr waren wir dann endlich unterwegs. Zeitangaben sind in der arabischen Welt immer relativ.

Gegen 22 Uhr liefen wir in Nuweiba ein. Bei den Einreiseformalitäten hat uns ein Deutsch-Student geholfen: Geld wechseln, Stempel, Visa, Unterschriften sammeln, bezahlen, noch ein paar Stempel fürs Auto: Versicherung, Steuer, Carnet de Passage und die ägyptischen Zollkennzeichen. Es war wie die Einreise nach Syrien, nur alles doppelt so viel: von „Büro“ zu „Büro“, Formular ausfüllen, Stempel holen, bezahlen. Für jede Handlung ein separates Büro. Motornummer mit einem Bleistift auf ein Stück Papier abgepaust. Ebenso die Fahrgestellnummer. Die befindet sich beim Käfer bekanntermaßen unter der Rücksitzbank. Und da lag natürlich…unser ganzes Gepäck (der eigentliche Kofferraum des Käfers bietet ja nicht besonders viel Platz). Als wir fertig waren, zeigte die Uhr auf halb zwei. Nachts. Knapp vier Stunden Einreiseformalitäten bis tief in die Nacht – definitiv Grenzübergang Level 5!

Endlich: die heiß ersehnten Zollkennzeichen in Nuweiba

Höchste Zeit, ein Bett für die Nacht zu suchen. Nuweiba-Tourism-Village war arg teuer, wir wählten einen Bungalow-Park, der war (für ägyptische Verhältnisse) immer noch teuer genug, aber dafür hatten wir schönsten Meerblick (bringt nachts allerdings nicht viel).

Tag 13 (4.1.1993) – 534 km

Das erste ägyptische Benzin fließt in den Tank: 1 ägyptisches Pfund pro Liter (55 Pf). Wow!

Einmal quer durch den Sinai: erst auf der Sohle eines steil eingeschnittenen Wadis empor, dann plötzlich Palmen, eine Oase. Ein kleiner Bach fließt mal links, mal rechts neben der Straße, die sich durch das Grün windet. Dann, auf einen Schlag: alles wieder knochentrocken. Die Landschaft wird sanfter, hügelig.

Endlose Weiten beim Queren des Sinai

Und bald zeigt sich, dass eine Michelin-Karte auch nicht unfehlbar ist: Wir wollten den Suezkanal über eine auf der Karte verzeichnete Brücke queren. Passend gab es dort auch einen Ort, der Kubri (=Brücke) hieß. Nur die Brücke gab es nicht (mehr?). Stattdessen standen wir auf einmal fast mitten in einem Militärcamp. Keine gute Sache. Also dann doch mal den Umweg über den Ahmed-Hamdi-Tunnel. Und schon bald befinden wir uns auf der luxuriösen Autobahn Suez-Kairo, über die es nichts zu berichten gibt, außer dass die einzige Tankstelle dort schon seit drei Tagen nur noch Diesel im Angebot hat. Aber bis Suez sollten wir es mit der Nuweiba-Tankfüllung schaffen…ach und: wenn hier sonst absolut nichts ist – aber Stacheldrahtzäune und Plastikmüll, der sich darin verheddert.

Einfahrt zum Ahmed-Hamdi-Tunnel unter dem Suezkanal

Tja, und dann kommt langsam Kairo in Sicht. Wie bei den meisten großen Städten der dritten Welt sind die Ausfransungen der Stadt wenig charmant. Aber wer glaubt, dass man von solch einer schicken Autobahn vernünftig ins Zentrum gleitet wird, liegt falsch. Auch wer denkt: es wird wohl mehr oder weniger geradeaus sein, liegt daneben. Irgendwann landeten wir aber doch auf bekanntem Terrain (ich war ja 1990 schon ein halbes Jahr dort gewesen), und dann war das Institut der niederländischen Universitäten auf der Nilinsel Zamalek auch bald gefunden. Endlich ein wenig Heimatgefühl.

Das Niederländische Institut auf der Nilinsel Zamalek

Doch Anti-Klimax: die Zimmerreservierung im Institut hatte nicht geklappt. Während drei Jahre zuvor das Institut um diese Zeit quasi leer stand, war jetzt alles voll. Doch das empfohlene Hotel war nicht weit und günstig.

Nach 13 Fahrtagen waren wir am Ziel! 13 Tage fahren von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang (im Winter sind das ja nicht soooo viele Stunden, wenngleich wir ab und zu gegen das eherne Gebot, nicht im Dunkeln zu fahren, verstoßen haben. Was uns auch so manche Schrecksekunde beschert hat.)

Zusammenfassung:

Distanz: 6907 km

Fahrtdauer: 13 Tage

Kosten: umgerechnet ca. 1800 DM für zwei Personen, alles Inklusive: Visa, Essen, Benzin, Übernachtungen, Fähre.

Defekte: Scheibenwischermotor.

Temperaturen in Grad: Amsterdam 5, Frankfurt 3, Wien -5, Rumänien -8, Sofia -5, Istanbul 0, Dinar -5, Antalya 12, Antakya 5, Homs 0, Amman 10, Aqaba 14, Kairo 16.

Benzinpreise in DM: Deutschland 1,33; Österreich 1,35; Rumänien 0,72; Bulgarien 0,50; Türkei 0,98; Syrien 0,91; Jordanien 0,53; Ägypten 0,48, Sinai teurer.

Durchschnittlicher Benzinverbrauch über die gesamte Tour: 8,22 l/100 km

Und dann wurde der Käfer endlich gewaschen – hier bei seinem ersten Ausflug in die Oase Al-Fayyum
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Vor 30 Jahren: Mit dem Käfer nach Ägypten (ohne Fähre!) – 6

Immer noch Tag 10 (1.1.1993) – 277 km

Nach Antakya kam noch ein Pass und dann ging es über die E5 (heute E91) zur syrischen Grenze. Die ehrwürdige E5, von London kommend, über München, Wien, Istanbul und Ankara bis zur syrischen Grenze, in Teilen auch Gastarbeiterroute, Todesroute oder Autoput genannt, berüchtigt für ultimatives Verkehrschaos und Horrorunfälle in den 60er bis 80er Jahren, also diese berühmt-berüchtigte Straße zeigt sich hier als besserer Waldweg: schmal, kurvig, einspurig, keine Markierung, keine Leitplanken. Antiklimax. In der letzten Ortschaft auf türkischem Boden stellt sich ein wahrhaftiges End-of-the-world-Gefühl ein. Hier hört alles auf.

E5 bei Yayladağı

Ein noch kleineres Sträßchen führt dann zum Grenzübergang. Die Ausreise geht flott – aber die Einreise….

Grenzübergang Level 4: Willkommen in Nahost! Die Grenzstelle liegt auf eine Anhöhe und ist genauso beschaulich wie die Straße dorthin. Freundliche Grenzer zeigen uns den Weg: hier ins Büro, dort einen Stempel, dann eine Steuermarke, dann wieder zurück. Dann die Versicherung….hier ein Formular, dort Geld wechseln. Wir waren die einzigen „Kunden“, sie hatten alle Zeit. Alles wurde fein säuberlich in ein großes Buch eingetragen. Immerhin: wir waren die ersten Grenzgänger des Tages und auch des Jahres. Unser Grenzübertritt: Nummer eins am 1.1.1993 im großen syrischen Grenzbuch von Nibh Almur.

Schon bald folgte eine gut ausgebaute Straße hinein in die Ebene, leider fehlten viele Zwischenstücke, sodass wir auf rumpelige Umleitungen gezwungen wurden. Latakia war -wie sich später herausstellte: wie fast alle syrischen Städte außer Damaskus- eine ruhige, fast tote Stadt. Ab hier gab es eine Autobahn, anfangs noch etwas schlecht, später besser. Syrien war damals Oldtimer-Land: wir sahen zahlreiche Ponton- und Heckflosse-Mercedes sowie Ford Badewannen, oft als Taxi.

Wir beschließen, in Homs die Autobahn zu verlassen und ein Hotel zu suchen. Wir folgen dem Verkehr, um den Weg ins Zentrum zu finden, denn eine Beschilderung gibt es nicht. Auch in der Stadt ist es wie ausgestorben. Von der Uhrzeit her müsste Feierabendverkehr herrschen…

Im Zentrum finden wir das Hotel, das im „Travel Survival Kit“ als bestes empfohlen wird. Das Buch von Lonely Planet war unsere einzige Informationsquelle für Übernachtungen und auch alle weitere Reiseinfos, mehr gab es damals einfach nicht.

Text aus „Jordan & Syria – a travel survival kit“ von 1986

Ein altes Gebäude im Kolonialstil, der Chef spricht ganz gut Englisch. Natürlich wieder keine Heizung. Aber eine warme Dusche: das Personal hat extra den Duschofen für uns angeheizt.

Hotel in Homs

Abends haben wir noch eine Runde um den Block gemacht: kaum jemand unterwegs, alle Geschäfte zu…außer Süßigkeitenläden.

Tag 11 (2.1.1993) – 338 km

Am nächsten Tag ist auch nicht mehr los-eher noch weniger. Wir suchen und finden den Weg nach Damaskus. Dort wird der gesamte Verkehr quer durch die Stadt gepumpt, und irgendwie haben wir tatsächlich den „Ausgang“ Richtung Jordanien gefunden. Nur wie weit würde die Autobahn nach Jordanien gehen? Jede unserer Karten hatte eine andere Meinung dazu, und letztendlich lagen sie alle falsch: sie ging bis kurz vor die Grenze! Die letzte Stadt vor der Grenze, Dar’a, hatte es nochmal in sich. Nun hatte ich meinen Co-Piloten schon trainiert, sich die Zwischenziele unserer Route auch in arabischen Schriftzeichen einzuprägen (denn er war ja für die Navigation zuständig – ich hatte genug mit dem Verkehr zu tun). In Dar’a hatte man nun gerade die Wegweiser in neu und modern gemacht, leider auch in so klein, dass man sie nicht sah, sobald ein PKW davor stand oder fuhr. Und, um es noch spannender zu machen, waren sie nur auf arabisch beschriftet (ansonsten sind Wegweiser so ziemlich in der ganzen arabischen Welt auch in lateinischen Buchstaben beschriftet). Die Ausreise aus Syrien ging recht fix, und an jordanischer Seite stand uns ein Mitarbeiter der „tourism police“ zur Seite, der mit uns durch sämtliche Büros hetzte und am Ende um ein ganz bescheidenes Trinkgeld bat (hat er bekommen).

Auch in Jordanien wurde an der Autobahn gebaut, so mussten wir oft über unmögliche Umleitungen fahren. Etappenziel war Zarqa‘, dort fanden wir ein recht luxuriöses (und damit nicht ganz so billiges) Hotel mit warmer Dusche und Zentralheizung. Die Stadt, der totale Kontrast zu Syrien: Betriebsamkeit, Handel, Menschenmassen.

Zarqa‘

Tag 12 (3.1.1993) – 424 km

In dem teuren Hotel in Zarqa‘ war nicht einmal das Frühstück im Preis drin, so machten wir uns am Morgen auf die Suche nach Frühstück. Kaffee gab’s gleich an der nächsten Straßenecke, jetzt noch etwas Bissfestes. Wir gingen in eins der zahlreichen Süßigkeitengeschäfte und kamen sofort ins Gespräch mit den beiden Jungs, die dort arbeiteten. Mithilfe deren Englisch- und meiner Arabischkenntnisse versuchten wir herauszubekommen, was sie da so im Angebot hatten. Mal hier, mal da probieren, und bald hatten wir uns ein paar Leckereien ausgesucht. Dann gab es noch eine Runde Tee, und als wir zum Schluss bezahlen wollten, durften wir nicht. Sie wollten kein Geld von uns annehmen. Also haben wir uns „nur“ ganz herzlich verabschiedet und sind zum Hotel zurück gegangen.

Jetzt ging es nach Amman, die Hauptstadt von Jordanien. Es sollte eine Ringautobahn geben, die wollten wir unbedingt nutzen, denn auf Hauptstadt-Verkehrschaos hatten wir keine Lust. Nun, die „Ringautobahn“ war einfach eine etwas breitere Straße, am Straßenrand hauptsächlich Werkstätten, aber auch alle sonstigen Geschäfte. Eine unendliche Schlange (hauptsächlich türkischer) LKW schleppte sich hinfort.

Die Autobahn in den Süden des Landes zu finden war nicht ganz einfach. Die wenigen Schilder, die es gab, führten noch zur alten Landstraße gen Süden. Die neue Piste war kaum ausgeschildert.

Gefunden haben wir sie dann irgendwann doch, bis zum Flughafen von Amman war sie auch super, danach immerhin noch OK. In Ma’an war der Spaß vorbei, und das nun folgende Stück Landstraße war besonders schlecht.

In der nächsten Folge verabschieden wir uns von Jordanien und reisen in unser Zielland ein. Wieviel Blut, Schweiß und Tränen uns das gekostet hat, lest ihr dort.

Vor 30 Jahren: Mit dem Käfer nach Ägypten (ohne Fähre!) – 5

Immer noch: Tag 6 (28.12.1992) – 653 km

Nach Edirne noch ein kurzes Stück Landstraße, dann folgt die nagelneue Maut-Autobahn nach Istanbul. Aber Vorsicht, ein Schild warnt: 145 Kilometer ohne Tankstelle! (Im weiteren Verlauf gab es in der Türkei an wirklich jeder Straßenecke eine Tankstelle!).

Byzanz, Konstantinopel, Istanbul: das Tor zum Orient, 2700 Jahre Geschichte, 1993 rund 7 Millionen Einwohner (heute gut doppelt so viele). Doch Sightseeing stand nicht an, ich war ein paar Jahre vorher schon dort gewesen, und wir wollten ja auch irgendwann an unserem noch in weiter Ferne liegenden Ziel ankommen. Und die größten Herausforderungen lagen ja noch vor uns!

Irgendwann war es mal wieder Zeit, eine Übernachtungsmöglichkeit zu suchen. Kein Problem, Istanbul ist ja eine Touristenhochburg. Wir also runter von der Autobahn und rein in die Stadt. Aber Fehlanzeige. Kein Hotel weit und breit. Dafür rush-hour, und wir mittendrin. Schnell haben wir im Wirrwarr der Straßen und Sträßchen die Orientierung verloren, aber auf einmal war die Stadtautobahn wieder da, und ruck-zuck warn wir auch wieder auf der Mautautobahn.

Und jetzt fing es -believe it or not- megamäßig an zu schneien. Nassschnee natürlich, der auf der Frontscheibe klebte. Leider funktionierte die Scheibenwaschdüse nicht, so war das Fahren „etwas“ nervig. Der Niederschlag entwickelte sich zu einem wahrhaftigen Schneeturm (Hallo!! Wo ist hier der sonnige Süden?), und die Autobahn wurde, obwohl sie gestreut wurde, recht glatt – gut illustriert durch einen nagelneuen Mercedes, der quer auf der Fahrbahn stand, nachdem er die Mittelleitplanke „geküsst“ hatte. Zum Glück war kaum Verkehr auf der Autobahn. Gleichzeitig quittierte der Scheibenwischer des Käfers, der monatelang durch ein unerklärliches Quietschen auf sich aufmerksam gemacht hatte, seinen Dienst. Mein Co-Pilot versuchte, mit einem langstieligen Abzieher während der Fahrt den Scheibenwischer zu ersetzen, indem er um die A-Säule herumgriff (beim Käfer geht das…bedingt.) Hat nicht wirklich funktioniert und statt Blindflug mussten wir mehrfach anhalten, um auszusteigen und die Scheiben von Hand zu reinigen.

Nach vielem Suchen fanden wir -bereits wieder weit am Ende der Stadt- eine kleine, schmuddelige aber günstige Pension, wieder ohne Heizung, aber dafür mit Heizdecken.

Tag 7 (29.12.1992) – 430 km

Am Folgetag habe ich den Scheibenwischermotor ausgebaut und auseinandergenommen (da Standardkäfer ist der Motor besonders einfach aufgebaut, er hat keine automatische Rückstellung): nicht zu sehen. Drehte sich etwas schwierig, aber sonst schien alles in Ordnung. Also alle sauber gemacht, neues Fett rein, zusammen- und wieder eingebaut. Und sieh da: er lief wieder wie eine Eins. Das Leben kann so einfach sein.

Heute stand noch etwas Autobahn auf dem Programm, bis wir nach Süden abbiegen. Wir wollten so schnell wie möglich in wärmere Gefilde, sprich ans Mittelmeer, diagonal über das anatolische Hochland wäre zwar die kürzere Strecke gewesen, versprach aber, eher frostig zu werden.

Von unserem Nachtplatz in Izmit ging es via Afyon gen Süden. Durch eingezuckerte Schneelandschaften fuhren wir bis Dinar. Das Land ist mal leicht wellig, mal mit steilen Bergpässen. In Dinar nächtigen wir in einem Hotel über einem Teehaus. In der Mitte des hohen Raumes des Cafés steht ein riesiger Ofen, dessen Ofenrohr erst kunstvoll durch den Raum geschwungen und danach ebenso kreativ durch darüberliegende Hotelzimmer geleitet wird. Entsprechend kuschelig ist es überall – endlich mal.

„Otel Kanarya“ im Schnee in Dinar (anatolisches Hochland)

Tag 8 (30.12.1992) – 426 km

Es hat geschneit, alles ist leicht überzuckert, und außerhalb des Dorfes sind die Straßen spiegelglatt. Zum Glück war es nur ein lokaler Schauer gewesen.

Co-Pilot Warner – Zwischenstopp im Hochland. Wir hatten abgesprochen, dass der Wagen erst gewaschen wird, wenn wir in Kairo sind.

Und bald folgte der lange Abstieg zum Mittelmeer. In Antalya sehen wir die ersten Palmen, und kurz danach genießen wir beim Picknick 16 kuschelige Grad.

Im weiteren Verlauf folge eine sehr kurvige, schmale und mitunter steile Küstenstraße bis nach Anamur. Dort finden wir tolle Aussichten übers Meer.

Grandiose Weitsichten auf das Mittelmeer

Tag 9 (31.12.1992) – 477 km

In Anamur nächtigten wir in einem Luxushotel-für kleines Geld. Und: überall Holländer 😀

Am nächsten Morgen ist es doch recht frisch, Regenwolken begleiten uns. Im Hotel hatten wir gehört, dass im Norden (wo die kürzere Strecke verlaufen wäre) vier Meter Schnee gefallen, Lawinen abgegangen und Menschen ums Leben gekommen waren. Zum Glück waren wir bereits im Süden, auch wenn der noch nicht so richtig sonnig war.

Von Anamur standen noch ein paar kurvige Küstenstraßenkilometer auf dem Programm, bis wir auf die Rennbahn von Mersin über Adana nach Antakya kamen. Dort haben wir in einer schmuddeligen Pension mit Kirschsaft und Kirschtorte Silvester gefeiert. Am nächsten Morgen war es wieder bzw. immer noch frisch.

Tag 10 (1.1.1993) – 277 km

Am nächsten Morgen haben wir uns das Hauptpostamt von Antakya gesucht und dort um ein Ferngespräch in die Niederlande bzw. nach Deutschland gebeten. Das wurde dort noch von Hand vermittelt. Sobald die Verbindung stand, durften wir in eine Zelle gehen und dort das Gespräch führen. Nach Beenden wurde bezahlt.

Und dann ging es los, noch 50 Kilometer bis zur Grenze Syriens und damit Grenzübertritt – Level 4. Wie uns der Einstieg in die arabische Welt geglückt ist, lest ihr in der nächsten Folge.

Vor 30 Jahren: Mit dem Käfer nach Ägypten (ohne Fähre!) – 4

Weiterhin Tag 5 (27. 12.1992)

Eigentlich ist es eine schöne, baumgesäumte Straße. Im Sommer bestimmt. Aber es ist Winter, die Bäume sind kahl, und die dreckige Straße und die dreckigen Autos – alles verschwimmt in einem grau-braun-grau. In der rechten Spur stehen die LKW, links die PKW, ganz vorne sieht man einen Soldaten patrouillieren, es geht nicht voran.

Aus dem Nichts taucht eine Gruppe breitschultriger Gestalten auf, kommt auf unser Auto zu und sagt, wir müssen Geld wechseln, 100 DM. Wollten wir aber gar nicht, und wenn, dann erst in Bulgarien. Doch, wir müssten das jetzt wechseln. Und ob wir Fotoapparate dabei hätten…Sie machen keinen Hehl aus ihren Absichten und bezeichnen sich selbst als Maffia…und weil wir weiterhin nichts rausrücken wollen, fangen sie an, am Auto rumzufummeln. Irgendwas müssen wir jetzt machen. Der Grenzer in der Ferne „sieht nichts“, die anderen Autofahrer sind irgendwie weg. Wir bleiben stur und sagen wir haben keine D-Mark (schließlich sind wir mit holländischem Kennzeichen unterwegs-unser Glück), rücken letztendlich 10 Gulden raus, erzählen ihm Wunder was der Gulden für einen hohen Wechselkurs hat, geben noch eine Schachtel Zigaretten dazu und bekommen tatsächlich dafür eine ganze Handvoll bulgarischer Münzen plus ein paar Scheine, von denen alle mit einem nennenswerten Wert bereits ungültig sind, wie sich später herausstellt.

Bei der Ausreise muss für jeden Handschlag bezahlt werden, sogar das Benzin im Tank muss versteuert werden (auch wenn kaum was drin ist, wird der volle Tank berechnet). Heute frage ich mich, wie viel davon direkt in den Taschen der Grenzer versackt ist, ich glaube kaum, dass wir für alles eine Quittung bekommen haben. Dann geht es über die „Freundschaftsbrücke“ (eröffnet 1954), ein Meisterwerk von verblichenem Glanz. Auf zwei Etagen fahren Bahn und Autos auf einer Stahlgitterbrücke über die mächtige Donau, dann sind wir endlich in Bulgarien. Dort sind die Grenzformalitäten deutlich entspannter, und schnell spurten wir gen Sofia, wo wir Geschenke bei Verwandtschaft meines Studienkollegen abgeben wollen und gleichzeitig einen Schlafplatz haben werden. Leider wird es schon wieder dunkel, aber die Straßen sind gut.

Kurz vor Sofia beginnt sogar eine Art Autobahn, die allerdings manchmal quer durch die Dörfer geht – inklusive Kreuzungen. Kaum zu glauben: wir finden ohne Probleme unsere Übernachtungsadresse in einem der Neubauviertel in Sofia. Wie entspannend, wenn man sich endlich mal wieder richtig unterhalte kann, die Bude warm ist und es herrliche Betten gibt. Hier liefern wir die -etwas verspäteten- Weihnachtsgeschenke aus Amsterdam ab und telefonieren zum ersten Mal mit zu Hause.

Tag 6 (28. Dezember) (653 km)

Wie herrlich: eine warme Dusche am Morgen. Doch die Straße ruft: los geht’s! Noch 500 Kilometer bis Istanbul, sagt der Wegweiser am Straßenrand. Es gibt wieder eine Autobahn, so gelangen wir flugs nach Plovdiv. Da ist dann zwar die Herrlichkeit vorbei, aber wir kommen trotzdem zügig weiter. Ruck-zuck sind wir aus Bulgarien ausgereist, und auch an türkischer Seite geht es fix. Bis zum letzten Schlagbaum, wo uns eröffnet wurde, dass alles Mögliche an unseren Stempeln nicht in Ordnung war. Wir wollten einwerfen, dass uns seine Kollegen genau hiermit durchgelassen und weitergeschickt hatten, aber wie sagt man das nochmal in fließendem Türkisch? Wie also wieder zurück zum Anfang, und obwohl wenig Betrieb war, ging es sehr langsam voran.

Irgendwann waren wird dann aber doch in der Türkiye Cumhuriyeti. Erster Halt war in Edirne, wo wir Geld getauscht und eingekauft haben. Was für ein Kontrast zu Bulgarien und erst recht zu Rumänien: hier überall Geschäfte, Handel, geschäftiges Treiben und chaotischer Verkehr. Und die Moscheen natürlich.

In der nächsten Folge verlassen wir Europa, werden an die Jahreszeit erinnert und es gibt den ersten Defekt am Auto. In Kombination mit dem Vorgenannten äußerst unglücklich…

Vor 30 Jahren: Mit dem Käfer nach Ägypten (ohne Fähre!) – 3

Immer noch Tag 4 (26. 12.1992)

Da standen wir nun: den Benzinvorrat genau kalkuliert bis Bulgarien (dort würde es wieder überall Sprit geben); doch an der Donaufähre Calafat-Vidin beträgt die Wartezeit zwei Tage, wir haben keinen Camper, ein Hotel oder eine Pension gibt es nicht, im Tank noch ein Rest unbekannter Größe sowie fünf Liter im Reservekanister. Der nächste Ort mit Tankstelle dürfte Craiova sein, rund 100 Kilometer weit weg. Verbrauch des Käfers: rund 8,5 Liter auf 100 Kilometer. Wird es bis Craiova reichen? Und dann? Die nächste Möglichkeit der Donauquerung wäre in Giurgiu/Russe und ein unheimlicher Umweg für unsere Route über Sofia. Aber was blieb uns übrig?

Der 1966er Sparkäfer hat noch den alten Kraftstoffhahn, wir würden also fahren, bis der Motor blubbert, dann auf Reserve schalten, damit stünden „theoretisch“ noch fünf Liter Reserve zur Verfügung (aber wer weiß schon, ob man die aus dem Tank bekommt?) und dann haben wir noch weitere fünf Liter im Kanister. Wir sind optimistisch und denken: das geht!

Auf geht’s, nach Craiova! Die Spannung steigt: wann müssen wir umschalten auf Reserve? Es dauert erfreulich lange, bis wir den Hahn umdrehen müssen, und so erreichen wir Craiova relativ entspannt. Doch nun gilt es, ohne Umwege die Tanke zu finden. Die sind (damals) nicht etwa strategisch an den Ausfallstraßen platziert, sondern irgendwo mitten in der Stadt. Um gar nicht erst viel Zeit mit Suchen zu verplempern, fragen wir den ersten besten am Straßenrand, und der führt uns freundlicherweise fast direkt bis zur Tanke. Puh, geschafft! Natürlich, wie für Rumänien üblich, steht eine lange Schlange davor, aber das ist uns schon fast egal…

Mit vollem Tank hieß es jetzt erstmal Strecke machen, denn wir waren reichlich ins Hintertreffen geraten. Dabei wurde es (schon wieder) dunkel. Ihr erinnert Euch: fahren im Dunkeln, das ist sowas wie russisch Roulette. Doch wir haben einen Trick entdeckt: lass Dich von einem Einheimischen überholen und folge ihm in seiner halsbrecherischen Geschwindigkeit. Zuverlässig bremst er aber vor jedem Schlagloch, vor jeder Überraschungskurve. Doch irgendwann brauchten wir wirklich ein Bett. In Alexandria (nein, wir waren noch nicht in Ägypten) hatten wir ein „Hotel“-Schild erspäht, dem wir folgen wollten. Über dunkle Straßen in den Außenbezirken kamen wir zu einem augenscheinlich noch nicht fertiggestellten Neubau, dort jedoch: alles duster, kein Mensch zu sehen. Nun waren wir der Meinung: wenn es ausgeschildert ist, muss es auch in Betrieb sein. Wir wollten pennen!

An irgendeiner Tür wurde uns dann doch geöffnet, und wir stolperten in einen Saal voller Menschen, Musik und Rauch. Eine lokale Band hatte gerade eine Live-Aufnahme gemacht, und alle waren eingeladen (und inzwischen gut unterwegs). Was für ein Kontrast: die stillen, grauen Viertel und dann hier drinnen diese wilde, laute Party!

Der Chef persönlich organisierte noch etwas zu essen für uns (das Büffet war leider schon geplündert), und dann durften wir ab in die Koje. Pech für mich, die Frostbeule: es war schon wieder kalt.

Tag 5 (27. 12.1992) – 690 km

Wir hatten noch viel aufzuholen, also früh aus den Federn und weiter gen Osten (um danach wieder nach Westen zu fahren). Ziel war die „Giurgiu-Russe-Freundschaftsbrücke“ über die Donau, sie ist eine Stahl-Fachwerkbrücke, die im Jahre 1954 eröffnet wurde. Auf zwei Etagen fahren Eisenbahn und Fahrzeuge über das 2,8 Kilometer lange Bauwerk. Sie überquert die Donau und damit die Grenze zwischen Rumänien und Bulgarien und entsprechend standen wir wegen der Grenzformalitäten erstmal im Stau. Als nächstes folgte eine halbe Katastrophe, Grenzübertritt Level 3, wie das ablief, berichte ich Euch nächste Woche.

Grau-in-grau vor der Donaubrücke. Trostloser geht’s nicht. Rechts die LKW, links die PKW. Das geübte Auge entdeckt unseren Käfer als drittes Auto von hinten.

Vor 30 Jahren: Mit dem Käfer nach Ägypten (ohne Fähre!) – 2

Tag 3 (25.12.1992) – 588 km

Von St. Pölten erreichen wir über Wien die ungarische Grenze. Die Autobahn endet kurz vor der Grenze. Dort geh es relativ flott, ein Visum war nicht mehr notwendig. Über Landstraße geht es nach Györ, ab dort führt eine Autobahn bis Budapest (heute fährt man bequem von Österreich um Budapest herum bis nach Arad in Rumänien über die Autobahn). Leider war 1992 die Ringautobahn noch nicht fertiggestellt, so quält sich der gesamte Verkehr quer durch die Stadt. Doch am anderen Ende der Stadt geht die Autobahn weiter, es geht also gut voran. Auch hier -wie schon in Österreich- überall Reif an den Bäumen. Es wird kälter! Wir beschließen, noch am selben Tag über die Grenze nach Rumänien zu fahren, dann haben wir morgen einen frischen Start. Hinter der Grenze haben wir schnell noch getankt, wir hatten gehört, dass überall lange Schlangen an den Tankstellen stünden, hier war jedoch gar nichts los, also schnell den supergünstigen Sprit gebunkert!

Kaffeepause am Wegesrand – mit Katze (Foto: Warner)

Nun wurde es doch etwas später und man sagt, in Ländern wie Rumänien sollte man Nachtfahrten vermeiden. Und so war es: sämtliche Fahrzeuge, von Omnibus bis Eselskarren und Fahrräder, waren entweder gar nicht beleuchtet oder haben geblendet. Dazu überrascht die Straßenführung mit unerwarteten (und natürlich nicht entsprechend beschilderten) scharfen Kurven, Schlaglöchern und dergleichen.

Die vor der Hand liegende Route wäre über die Hauptstadt Bukarest gewesen, wir bevorzugen jedoch kleinere Sträßchen und wählen daher die Westroute: von Arad über Timişoara und dann an der Donau entlang, dort wollen wir das Eiserne Tor besuchen. Letzteres haben wir nicht gefunden, es war nicht ausgeschildert und -zur Erinnerung- wir konnten nicht mal eben bei Google Maps gucken, wo es denn genau ist. Zudem wurde es später und später und dunkler…

Schlussendlich finden wir ein Zimmer in einem Hotel/Casino/Nachtclub/wasauchimmer, der/die/das eigentlich geschlossen war und daher -surprise- eiskalt. Immerhin wurden uns die dicksten Daunenbetten nebst Wärmflaschen gebracht, und dann ging’s auch. Gekostet hat es kaum was.

Kaaaalt – minus 10 Grad in Vinga

Tag 4 (26. 12.1992) – 980 km

Am nächsten Morgen: kein Warmwasser, draußen alles unter dickem Reif, dazu minus 10 Grad. Aber fast umsonst gepennt.

Wir verlassen Vinga Richtung Calafat, dort soll es eine Fähre über die Donau nach Vidin in Bulgarien geben, die Fahrt über Jugoslawien verbot sich wegen des Krieges dort. 1992 gab es tatsächlich in Westrumänien nur einen Grenzübergang nach Bulgarien: die Fähre von Calafat. Da wir in Sofia einen Zwischenstopp verabredet hatten, musste es dieser Übergang sein. Der nächste wäre die Donaubrücke bei Giurgiu/Russe – ein beträchtlicher Umweg. Heute gibt es in Calafat eine Brücke und im weiteren Verlauf diverse Fähren.

Die erste größere Stadt auf der heutigen Tagesetappe ist Timișoara, die Stadt, in der vor fast genau drei Jahren (Dezember 1989) die Revolution gegen die kommunistische Diktatur Ceaușescus begann. Wie alle Städte in Rumänien ist hier alles grau-in-grau, man sieht kaum Menschen auf den Straßen, kaum Geschäfte, kaum Autos – aber riesige Schlangen vor den Tankstellen. Im Sommer ist es bestimmt viel schöner, aber jetzt, im Winter…

Irgendwo im Nirgendwo – Nähe Eisernes Tor

Und die Straßen sind so schlecht…in Calafat kommen wir -kaum im Ort- an einen Stau. Es stellt sich heraus, dass dies die Warteschlange für die Fähre nach Bulgarien ist. Wir sind wohl nicht die einzigen, die diese Route als Jugoslawien-Umfahrung gewählt haben. Zwei Kilometer Stau entspräche zwei Tagen Wartezeit, so sagt man uns. Und die Tankstelle hat auch zu. Dabei hatten wir unseren Benzinvorrat genau so ausgerechnet, dass wir es bis Bulgarien schaffen würden. Ein „hilfsbereiter“ Mitmensch bieten uns Benzin zum Kauf an: 30 Liter für 60 DM. Wo der Liter an der Tanke 50 Pfennige kostet. Haben wir dankend abgelehnt – irgendwo hört der Spaß auf. Hotel oder Pension gab es natürlich auch nicht.

Wie wir aus dieser suboptimalen Situation herausgekommen sind, lest Ihr in der nächsten Folge.

Vor 30 Jahren: Mit dem Käfer nach Ägypten (ohne Fähre!)

Abreise – gleich zwei Mal

Die Einleitung hat mein damaliger Co-Pilot Warner schon vor einigen Jahren verfasst – leider ist er inzwischen nicht mehr unter uns. Warner war ein Landkartenfreak, und damit prädestiniert, der beste Beifahrer zu sein, den ich mir in diesem eher mager kartographierten Gebiet (Google Maps und Park4Night existierten noch nicht mal in den phantasiereichsten Köpfen) nur wünschen konnte. Posthum, und in großer Dankbarkeit starte ich den Reisebericht mit seinen Worten:

Wir schreiben das Jahr 1992. Ein paar Jahre zuvor fiel die Mauer in Berlin, viele osteuropäische Länder wurden durch friedliche Revolutionen von ihren Diktatoren befreit, und Europa schien endlich eins zu werden. Was für eine optimistische Zeit! Neue Welten öffneten sich und es war Zeit, sie zu entdecken. Aber wie? Ich hatte selbst keinen Führerschein, geschweige denn ein Auto. Europa musste mit dem Zug erfahren werden. Zum Beispiel hatte ich schon Berlin, Ostdeutschland und Teile Polens erkundet. Ich hatte mein Studium bereits abgeschlossen, hatte aber noch keine Arbeit, also hatte ich viel Freizeit. Zum Glück hatte ich einige Freunde, die ein Auto hatten. Einer von ihnen, Kai, hatte ein paar alte Volkswagen, und natürlich hat mir das gefallen. Er studierte Arabisch und bereitete ein Auslandspraktikum in Ägypten vor. Er würde bald für sechs Monate dorthin gehen. Aber ja, wenn du einmal in Ägypten bist, wirst du etwas sehen wollen, weil es dort so viel mehr gibt als Kairo. Mit dem eigenen Auto, das schien ideal. Es müsste doch möglich sein, eine Fähre zu nehmen. Kai verfolgte diese Idee, bat Bekannte um Rat und versuchte, so viele Informationen wie möglich zu bekommen. Es schien jedoch keine Fähre nach Ägypten zu geben. Und was jetzt? Über Land… unmöglich – oder? Ja, das schien zunächst unmöglich, schon allein wegen der Entfernung: 6500 km. Auch die beste und interessanteste Route über Nordafrika erwies sich als unfahrbar, aufgrund politischer Befindlichkeiten. Die Grenzen Libyens zu dessen Nachbarn waren hermetisch abgeriegelt. Und was ist mit der Ostvariante? Östlich ums Mittelmeer? Nach vielen Überlegungen und gesammelten aktuellen Berichten stellte sich heraus, dass die Antwort auf diese Frage „Ja“ lautete. Jetzt galt es, einen Reisebegleiter zu finden, denn diesen Trip alleine zu fahren wäre keine gute Idee gewesen. Wie gesagt, ich hatte selbst viel Zeit, also fragte Kai, ob ich mitkommen wollte. Wir hatten jedoch keine Ahnung, was auf uns zukommt…

Das Auto

Kai hatte zwei Autos: einen VW Käfer, Baujahr 1966 und einen VW-Bus von 1970. Der Käfer schien die bessere Wahl zu sein, er ist zwar etwas kleiner als der Bus, dafür aber deutlich günstiger im Verbrauch. Zudem der Bus in der Vergangenheit mehrfach technische Probleme hatte, während der Käfer, mit knapp 100.000 km auf dem Tacho, technisch -wenn auch nicht optisch- topfit war. Es war das Standardmodell mit 1200-ccm-Motor und ohne Kraftstoffanzeige auf dem Armaturenbrett. Das bedeutete: den Kilometerstand bei jedem Tankstopp aufschreiben und so oft wie möglich zu tanken, weil wir uns nicht auf den Reservehahn verlassen wollten.

Die Route

Unser Abenteuer konnte fast beginnen! Jetzt noch die genaue Route ermitteln (wir erinnern uns: 1992 gab es noch kein Google Maps, kein Navi, kein GPS). Sie würde über den Balkan, die Türkei, Syrien und Jordanien nach Ägypten führen. Der kürzeste Weg in die Türkei führte durch Jugoslawien und Bulgarien nach Istanbul. Jugoslawien war jedoch 1992 keine Option wegen eines Krieges, der sich als lang und blutig erweisen würde. Srebrenica hatte noch nicht einmal stattgefunden! Die Alternative führte über Österreich, Ungarn und Rumänien nach Bulgarien, ein Umweg, der die Reise zwei Tage länger machen würde. Schließlich mussten wir mehr Kilometer auf qualitativ fragwürdigen Straßen zurücklegen, vor allem in Rumänien. In der Türkei angekommen, würden wir versuchen, die Südküste so schnell wie möglich zu erreichen, weil das Wetter dort besser wäre (Reisezeit war Weihnachten/Silvester). Dann würden wir die Grenze von Syrien überqueren und durch Jordanien nach Ägypten fahren…in sha’allah!

Soweit Warners Einleitung, im Bericht finden sich auch einige Bilder aus seiner Hand.

Zur genauen Route gab es nur eine Unwegsamkeit: wie kommt man von Jordanien nach Ägypten? Der Geograph lacht nur kurz und sagt: über Elat (Israel). Doch die politischen Befindlichkeiten jener Zeit lassen das nicht zu. Und selbst wenn: nach diesem Reiseweg wäre die Rückkehr über Syrien ausgeschlossen, denn Syrien akzeptiert keine Einreise, wenn ein israelischer Stempel im Pass existiert. Dann taucht das Gerücht einer Fähre von Jordanien direkt nach Ägypten (Sinai) auf. Doch wer weiß Genaueres?? ANWB und ADAC winken ab: keine gesicherten Erkenntnisse. Reiseforen gibt es nicht, wohl aber Globetrotter, die unterwegs sind oder waren und ihr Wissen „insidermäßig“ austauschen, zum Beispiel über den Laden und Herausgeber Klaus Därr. Die Informationen verdichten sich, dass die Fähre -das Nadelöhr dieser Tour-  existiert und auch fährt.

Tag 1: Na dann: Augen zu und durch – 408 km

Amsterdam, 23.12.1992: das Wetter ist nasskalt bei 5 Grad plus, der gereinigte Vergaser wird montiert, die Zündung eingestellt, drei Taschen und ein Karton mit Geschenken für Sofia (dazu später) werden eingeladen – die erste Etappe führt uns zu meinen Eltern in der Nähe von Frankfurt am Main.

Ein Jahr später bei meinen Eltern im Taunus. Spoiler: der Käfer hats geschafft.

Tag 2 (24.12.1992) – 697 km

Meine Eltern statten uns mit weiteren Essensvorräten aus, und weiter geht’s über Würzburg, Regensburg und Passau nach Österreich. Die letzte Grenze, die wir ohne anzuhalten passieren können. Über Linz geht es nach St. Pölten, aber die dortige Jugendherberge, die wir auserkoren hatten, ist geschlossen. Wie übrigens auch fast alle Hotels dort. Heiligabend– Ruhetag, oder so. Als wir dann endlich ein Hotel in dieser eigentlich touristischen Region finden, ist es das teuerste der ganzen Reise: 80 DM für ein kaltes Zimmer!

In der nächsten Folge: Grenzübergänge – wir tasten uns langsam ran. Es folgt: Level 1.

Tag 8 und Ende

Tag 8

Ganz in der Nähe des letzten Nachtplatzes konnten wir das (Freilicht-) Museum für das ländliche Siedlungswesen des Bayerischen Waldes besuchen. Bereits seit den achtziger Jahren werden hier alte Bauernhäuser wiederaufgebaut, die man, in sehr ursprünglichem Zustand, irgendwo im Lande vorgefunden hat. Sehr interessant sind auch die Geschichten dazu, bis wann und warum die letzten Bewohner dort so „rückständisch“ gewohnt haben. Danach habe wir die „kürzeste internationale Eisenbahn der Welt“ (105 Meter) besucht, sowie den Dreisessel, letzteren allerdings nur für ein Foto. Die letzten Kilometer gingen nochmals über kleinste Ortsverbindungsstraßen, bis dann der Abstieg zur Donau folgte. Dort war sogleich das Donauwasserkraftwerk Jochenstein zu bewundern, und wenig weiter lag unser letztes gemeinsames Abendessen plus Nachtplatz an der Kohlbachmühle. Unter direktem Blick auf die Donau konnten wir wiederum ein üppiges Abendmahl genießen und die Tour Revue passieren lassen.

Tag 9

…war der Rückreisetag. Es hieß wieder Abschied nehmen, zumindest von den meisten. Ein kleiner Teil setzte die Reise fort, so ging es die Donau und die Isar entlang, durch die Hundertwasserstadt Abensberg zum Dakotateam-Bunker. Unter bestem Schutz konnten wir die Nacht verbringen…but that‘s a story of ist own.

Freilichtmuseum
Die kürzeste internationale Bahnstrecke – mehr so’n touri-trap 😀
Dreisessel – schönstes Wetter, oben aber viel zu voll.
Kohlbachmühle: der letzte gemeinsame Nachtplatz.
Direkt an der Donau.

Tag 6 und 7

Tag 6

Geduscht, gefrühstückt und überhaupt wieder Mensch ging es weiter, wieder über kleinste Sträßchen durch den Böhmerwald, gern auch mal für eine Tagesbaustelle gesperrt, aber es war nach 16 Uhr und deshalb keiner mehr da. Ein Drohnenstopp entwickelte sich indes zu einem Bulli-auf-Abwegen-Event: ein havelländer Bulli machte sich hangbedingt selbstständig, danke Lenkeinschlag aber nur „bergseitig“ in den Graben. Mit vereinten Kräften stand er schnell wieder auf dem Asphalt. So wurde alles doch noch gut. Die Further Felsengänge hätten wir gerne besucht, die aktuellen (coronabedingten) Öffnungszeiten variierten zwischen Google, eigener Webseite und eigener Telefonansage stark, wobei die Telefonansage uns einen Besuch in Aussicht stellte, der vor Ort dann aber doch nicht möglich war. (das geht besser, liebe Further Felsengänge). Alsdann entschieden wir uns, im hübschen Stadtzentrum von Furth eine Gastronomie zwecks Essensfassens aufzusuchen. Im Stadtzentrum von Furth gilt Parkscheibenpflicht, maximale Parkdauer: eine Stunde. Entsprechend ausgerüstet haben wir uns in das Stadtgetümmel gestürzt und waren uns bei der dritten Gastronomie handelseinig. Die Bestellung kam angemessen schnell (bis auf eine Fehllieferung), Rechnung ging auch fix, Nachtisch/Kaffee ließen wir aus, denn die Parkzeit ging dem Ende zu, die fleißige Politesse auf dem Marktplatz war uns schon aufgefallen.

Am Bulli angekommen war ich gerade dabei, den morgens versäumten Verbandwechsel nachzuholen, als besagte Dame sich vor meinem Buli positionierte. Mein „Hallo“ wurde professionell ignoriert, meine durch die geöffnete Fahrertür ausgesprochene Bitte, den Verbandwechsel noch abschließen zu dürfen wurde abgelehnt mit dem Hinweis: jetzt wegfahren oder Strafzettel. Nur so als Tipp für alle zukünftigen Besucher Furths: besuchen Sie ausschließlich Schnellrestaurants oder lassen Sie es bleiben. Und für die Felsengänge spielen Sie am besten Roulette 🙂

Am Endpunkt, dem Freizeitzentrum Hohenbogen mit seiner Sommerrodelbahn, die die frühen Vögel noch ausprobiert haben, gab es nicht nur einen riesigen Asphaltparkplatz (der offensichtlich von der lokalen Tuning-Jugend als Racing-Area genutzt wurde), sondern auch einen campingbegeisterten Ortsbürgermeister, der es sich nicht nehmen ließ, uns persönlich zu begrüßen, mit Fotosession.

Tag 7

Da der Bürgermeister auch Chef der Sommerrodelbahn in Personalunion war, hat er uns freundlicherweise die dazugehörigen Toiletten über Nacht offen gelassen – Chapeau!

Streckenmäßig stand heute optional zwei Mal das Thema Bahn auf dem Programm, wir wählten jedoch 1x Bahn und 1x Arberhöhenstraße. Die Anfahrt etwas wurschtelig über die Dörfer, gelangten wir schlussendlich aber sehr wohl zur Hindenburgkanzel, mit ihrer prächtigen Fernsicht (und ihrem Geocache). An der Arberseilbahn und am Arbersee waren Himmel und Menschen unterwegs, ein guter Grund, um in flotter Fahrt vorbei zu zischen.

In Zwiesel haben wir uns ein altbayrisches Restaurant gesucht und wurden wiederum mit großzügigen Portionen belohnt – bei einmal mehr moderaten Preisen. Der Bahnstopp war ein Extra unseres Feldbahnspezialisten, der dortige Verein pflegt eine kurze aber kurzweilige Strecke und mehrere Dieselloks und Waggons, dazu ein paar liebevolle Dioramen.

Nachdem jeder eine Rundfahrt mitgemacht hatte und die unvermeidbaren Bulli-Feldbahn-Fotos gemacht waren, ging es zu unserem Campingplatz „Anderswo Camp“, man könnte ihn auch „Ende der Welt“ nennen: von hier führt die Straße als einspuriges Asphaltband noch 3 Kilometer weiter, um dann direkt an der tschechischen Grenze zu enden. Und soweit fährt sogar der örtliche Linienbus!

Bulli auf Abwegen…
Bürgermeister Markus Müller von Neukirchen beim Heiligen Blut (2. v.l.) ließ es sich nicht nehmen, uns persönlich zu begrüßen. Vielen Dank für die Gastfreundschaft!
Viel Platz am Freizeitpark Hohenbogen.
Hindenburgkanzel
Romantisches Zwiesel
Feldbahn fahren
Ende im Gelände – tschechische Grenze bei Buchwald (Bučina).
Anderswo Camp in Finsterau (Mauth)

Tag 4 und 5

Tag 4

Die letzte Nacht hat wieder einiges an Regen gebracht, sowieso muss in den vergangenen Tagen reichlich Nass in der Region heruntergekommen sein, wie man am Pegel der Flüsse, aber auch an Schwemmrückständen auf den Straßen sehen konnte.

Heute war Museums- und Wandertag, letzteres allerdings nicht für den Schreiber dieses. Das Deutsche Dampflokomotiv Museum in Neuenmarkt habe ich mir aber nicht entgehen lassen. Einerseits wird dort eine Schmalspurbahn in Ehren gehalten, andererseits sind im Ringlokschuppen mehrere äußerst beeindruckende Dampf-Stahlrösser zu bewundern. Zudem wird die „Schiefe Ebene“, Europas erste Eisenbahnstrecke, die einen bedeutenden Höhenunterschied (bei einer Steigung für 2,5%, für Bahnverhältnisse und ohne Hilfsmittel wie Zahnrad damals sensationell) überwand, mittels einer Modellbahn nebst Audio-Erläuterung dargestellt. Leider wurde vergessen (?), uns die RFID-Karten auszuhändigen, mit denen man die zahlreichen Filme und Animationen starten konnte…Danach war eine Wanderung entlang der Strecke angedacht, der konstante Nieselregen motivierte allerdings eher weniger.

Unser Team hat stattdessen eine Gastronomie entlang der Strecke aufgesucht und es sich dort gut gehen lassen.

Danach ging es auf kleinen und kleinsten Sträßchen hinüber ins Fichtelgebirge, genauer zum Ochsenkopf, an dessen Bergbahn-Talstation das Nachtlager geplant war. Die noch nicht Erschöpften erklommen den mit 1024 Metern zweithöchsten Berg des Fichtelgebirges. Oder hatten sie doch die Seilbahn genommen??? (Ja).

Zumindest haben wir auf dem riesigen, aber meist abschüssigen Parkplatz für 2 € die Nacht doch noch eine einigermaßen ebene Stelle gefunden, und auch wenn der ominöse Imbißbudenbetreiber annex VW-Fan uns nicht, wie angekündigt, mit einem seiner Vehikel besucht hat, wurde es doch noch ein lustiger Abend. Und tatsächlich: es hat nachts nicht einmal geregnet (ist das nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen für den folgenden Tag? Wir werden es in Kürze sehen…).

Tag 5

Die Vorzeichen waren nicht die schlechtesten. Auch wenn der Morgen nieselig war, kam im Laufe des Vormittags mehr und mehr die Sonne durch – so lässt sich’s leben.

Die Weißmainquelle haben wir übersprungen, standen doch zwei weitere laufintensive Highlights auf dem Programm: zunächst das Automuseum Fichtelberg. In nicht weniger als drei Hallen sowie auf einer Freifläche standen zahlreiche und mitunter auch außergewöhnliche Fahrzeuge und vor allem unendlich viele Motorräder und Mopeds ausgestellt. OK, die Beschilderung der Exponate war nicht immer wasserdicht, aber es waren auch ein 1:1 Scheunenfund-Diorama sowie mehrere Vor-Restaurierungs-Fahrzeuge zu sehen. Nach einer weiteren ebenso kurzen wie kurzweiligen Fahrt durch das Fichtelgebirge gelangten wir zum Felsenlabyrinth Luisenburg. Darüber kann ich ob meines Beines jedoch nicht berichten.

Weiter schleichen wir uns entlang der tschechischen Grenze gen Südosten. Tagesendziel ist der am gleichnamigen See gelegene Campingplatz Geisweiher, wo wir für rund 10 € pro Person plus Bulli nächtigen und duschen konnten, dazu Wasser fassen, Müll entsorgen…was will man mehr? OK, der anfängliche Sonnenschein wurde durch eine rigoros aufziehende Wolkenlinie abrupt und nachhaltig mit unwetterartigen Regengüssen beendet, aber es kann eben nicht immer und überall eitel Sonnenschein sein. Wichtig ist: Am nächsten Morgen war es wieder trocken.

Deutsches Dampflokomotiv Museum in Neuenmarkt
Automuseum Fichtelberg
Grenzwertig…

GO 2021 – jetzt geht’s richtig los!

Tag 2

Die Nacht war regennass, doch der Morgen wieder trocken und der Tag sogar sonnig – was will man mehr?

Über verschlungene Wege ging es durch die Rhön und in den Naturpark Haßberge, wo uns das Schloss Crailsheim eine traumhafte Fotokulisse bot. Gleich nebenan, in einem Biker-Biergarten, haben wir selbigen Familienbetrieb mal eben auf Hochtouren gebracht, und der örtliche Bullifreund kam völlig verwundert mit seinem T2 angefahren und fragte sich, wie es sein könnte, dass in seinem Ort ein Treffen ist und er nicht davon wisse…

Im weiteren Verlauf erklommen wir die Burgruine Bramberg des Hochstiftes Bamberg (kein Schreibfehler!). Bei weiterhin bestem Wetter konnten wir die Fernsicht genießen.

Als Endziel des Tages war das Brauhaus Kreuzberg angedacht, eine wahrhafte „Erlebnisgastronomie“ auf der grünen Wiese bzw. auf dem grünen Berg (immerhin mit Kirche, wir sind ja in Bayern). Für kleines Geld bekamen wir eine deftige Mahlzeit und ein Bier im Akkord, dafür durften wir auf dem Besucherparkplatz nächtigen.

Tag 3

Und wieder hat der Regen brav die Nachtstunden abgewartet, wobei erwähnt werden darf, dass das Trommelfeuer der Regentropfen auf dem original Westfalia Campingdach auch nicht zwingend schlaffördernd ist. Aber solange tagsüber gutmachenderweise die Sonne lacht, nimmt man das in Kauf.

Schon kurz nach dem Start gab es ein technisches Denkmal besonderer Art zu bewundern: den Ludwig-Donau-Main-Kanal, erbaut zwischen 1836 und 1846, immerhin die europäische Wasserscheide überquerend. Bei Eggolsheim sind ein Stück des Kanals und eine Schleuse erhalten und restauriert. Dem Kanal allerdings war kein erfolgreiches Leben vergönnt: er war schon bald zu schmal und hatte zu wenig Tiefgang für die sich rasant entwickelnde Schifffahrt jener Zeit.

Weiter ging es durch die Fränkische Schweiz zur Burg Feuerstein, welche jedoch eine Fake-Burg ist, wie das Roadbook zu berichten weiß: Sie stammt aus den Kriegsjahren und beherbergte geheime Rüstungsprojekte der Nationalsozialisten.

Im hübschen Wiesenttal fahren wir dann gen Norden und verlassen letztendlich den Naturpark Fränkische Schweiz um im wildromantischen Wirsberg, genauer im Schorgasttal einen kostenfreien Wohnmobilstellplatz zu okkupieren.

Abends lassen wir sodann das Geburtstagskind des Tages, den Werner, hoch leben.

Burgruine Bramberg
Torsten begrüßt die Teilnehmer auf dem Kreuzberg
Nachtplatz auf dem riesigen Parkplatz der Erlebnisgastronomie
Ludwig-Donau-Main-Kanal
Im Schorgasttal kam der Nachtregen etwas zu früh – dafür war es am Morgen wieder trocken!

Goldener Oktober 2021

Die Anreise

Wohlgeplant, und nach der Zusammenkunft der Teilnehmenden starteten wir wiederum von Gömnigk in die weite Welt, in casu zunächst Richtung Barby. Die dortige Gierseil- oder Strömungsfähre brachte uns über die Elbe, wo wir unseren Weg gen Süden über zahlreiche kleine Dörfer, über Saale und Unstrut weiter verfolgten. Tagesetappenendziel war die Wartburg, noch wohlbekannt vom Goldenen Oktober letzten Jahres, diesmal konnten wir direkt auf dem Besucherparkplatz nächtigen. Nachdem die Tagesbesucher abgereist waren, konnten wir unsere fünf Bullis zusammenstellen.

Tag 1

Am Folgetag ging es lustig weiter, gern auch mal auf Naturbelag oder Feldautobahn, bis wir bei schönstem Sonnenschein auf der nicht besonders schönen A66-Rastanlage Schlüchtern eintrafen und uns mit den anderen Oktoberern verbünden konnten. Den Zeichen der Zeit geschuldet wurde das Begrüßungszeremoniell um eine Corona-Schleife erweitert, und dann ging es auch schon los. Kaum vom Rastplatz runter, fanden wir uns auf kleinsten Feldwegen, nicht immer zur Freude der lokalen Bauernschaft, wieder. Deutlich mehr Freundlichkeit kam uns überall und von sämtlichen Verkehrsteilnehmern entgegen: unentwegt gab es ein Lächeln oder einen Daumen nach oben für unsere Bullis.

Eine Naturbelagwegstück führte uns an der „Strecke 46“ vorbei, einem Teilstück Reichsautobahn, das nie fertiggestellt wurde. Die bis 1940 errichteten Brückenbauwerke stehen jetzt etwas verloren im Wald und inzwischen unter Denkmalschutz. Zur Nachtruhe am Ende der ersten, „halben“ Tourtages, lud die Zeltwiese des Campings Roßmühle.

(Weiter geht’s, wenn ihr runterscrollt und rechts auf „NEXT“ klickt)

Gierseilfähre Barby
Wartburg bei Nacht
Wartburg bei Tag
Treffpunkt
Autobahnbrücke ohne Autobahn: Strecke 46
Videoabend mit Popcorn vom vorigen GO auf dem Camping Roßmühle

Herzlichen Glückwunsch, altes Haus!

Alles Gute zum Geburtstag, mein Lieber. Heute bist du seit 50 Jahren zugelassen!

Irgendwann im Herbst 1969 liefst du in Hannover vom Band, im klassischen Perlweiß, und wandertest nach Wiedenbrück, um von Westfalia deine SO 67B – Ausstattung zu erhalten. Später wurde dir ein Hochschrank vom T2b implantiert, sodass der geneigte Urlauber jetzt auch „in-House“ kochen konnte. Mehr Stauraum – nicht nur für die jetzt notwendige Gasflasche – gab’s gratis dazu.

Dein weiteres Leben dieser Tage im Amsterdamer Land liegt bis heut im Verborgenen, einzig ist bekannt, dass du vor unserem Kennenlernen als echter Holländer in „oranje“ lackiert wurdest, später in einer Farbe, die dem Dakotabeige ähnelt und im Dienste eines Photostudios warst…wo du bestimmt viel gesehen hast *zwinker*.

Mein Schrauberkumpel  Daniel Querido, mit dem ich mir damals eine Garage in Amsterdam-Nord teilte, hat dich dort ganz in der Nähe in einer Werkstatt entdeckt. Du solltest für den Verkauft schick hergerichtet werden (das war wohlgemerkt lange vor dem Bulli-Hype), warst aber auch „to go“ zu haben, und so sind wir am 17. August 1995 zusammengekommen. 2500 Gulden musste ich damals für dich hinblättern, ich hatte gerade meinen ersten bezahlten Job, und du warst mein bis dato teuerstes Auto (aber das habe ich nie bereut, mein Lieber  😉 )

Aber du warst auch zweites Kind im Hause – und hattest also erst mal deine Ruhe. Der Schiphol-Bulli, der schon seit 1988 bei mir war, musste als Alltagsfahrzeug herhalten. Du durftest dich derweil in einer Halle ausruhen. Das änderte sich 1998, als ich nach Berlin umgezogen bin. Erst wurdest du als Umzugshelfer herangezogen, und als dann beim Schiphol der Motor hochging, auch noch als Alltagsfahrzeug.

Erst 2003 wurdest du vom Golf II GTi 16v abgelöst, und 2005 startete die immer noch andauernde Serie der Goldenen – Oktober – Touren, für dich und für mich bis heute jedes Jahr ein Highlight, das du jedes Jahr mit Bravour gemeistert hast. Alleine dafür jetzt schon mal ein: Hurra!

Im Jahr 2010 –das kann ich nicht unter den Tisch kehren- hast du unsere Beziehung auf eine harte Probe gestellt. Extreme Inkontinenz trotz mehrfachen Wechsels des Kurbelwellensimmerrings! Der „Godfather der T2“ Torsten Knieriem hat herausgefunden, womit du mich an der Nase herumgeführt hast: ein Haarriss am Motorgehäuse! Nicht schön, aber lästig. War damit aber geklärt, du hast einen anderen Motor bekommen und wir haben uns wieder vertragen. 14 Alpentouren und einen zweimonatigen 11.000 – Kilometer – Roadtrip nach Portugal hast du mich herumgefahren und ich habe mit dir noch ganz viele tolle Sachen vor (wird noch nicht verraten 😀 ).

Zum Geburtstag verspreche ich dir, dass ich mich endlich um deine Haut kümmere, du bekommst auch noch ein kleines Leckerli, obwohl eigentlich: wahre Freundschaft bedarf keiner Geschenke, nicht wahr? In diesem Sinne: auf die nächsten 50!

Zahlen…bezahlen.

Geil…Roadtrip…unterwegs sein. Doch was kostet das eigentlich? Diese Frage kommt immer wieder in den diversen Gruppen und Foren hoch. Ich mach mich hier naggisch 😀 und lege euch klipp und klar dar, wo die Kohle geblieben ist. Und damit kann auch jeder einigermaßen einschätzen, wie das für ihn wäre: der eine möchte jeden zweiten Tag auf einen  Campingplatz (zum Duschen), der andere besucht jegliche Sehenswürdigkeiten ohne Rücksicht auf Eintrittspreise, der dritte möchte schön landestypisch dinieren. Jeder, wie er will, doch dadurch entstehen total unterschiedliche Kosten. Hier meine Übersicht: zieht eure eigenen Rückschlüsse.

Auf dem Roadtrip hatte ich folgende (Zwischen-) Ziele anvisiert: Thüringer Wald, Technikmuseum Sinsheim, Vogesen, die Dordogne und Le Lot. Letztendlich folgte ich der Dordogne von der Quelle beim Puy de Sancy bis Siorac, dann südwärts über Villefranche zum Fluß Le Lot bei Fumel, und Let Lot dann stromaufwärts bis zur Quelle. Von dort die großen Städte (Lyon, Besançon) umschiffend zum Treffpunkt des Goldenen Oktober (Lindau am Bodensee). Dieser führte uns dann bis nach Südtirol, durch die Dolomiten und über Österreich wieder zurück bis nach Kreuth.

Haushalt 7,57
div 11,50
Internet 18,70
Übernachten 24,00
Eintritt 29,60
Auto 39,83
Essen und Trinken 403,53
Reisen 878,50

Das war für 27 Tage. Gefahren wurden 6060 Kilometer, das sind im Schnitt 224 Kilometer pro Tag (so viel? Hätte ich gar nicht erwartet). Dabei ergab sich ein Benzinverbrauch von 10,39 l / 100 km insgesamt. Erstaunlicherweise war der Verbrauch bei der Alpentour mit ihren steilen Pässen kaum höher (11,16 l / 100 km) als beim Roadtrip Frankreich (9,99 l / 100 km). In Frankreich war ich gar nicht auswärts essen, beim Goldenen Oktober schon. Insgesamt hat der Trip 1527 Euro für 27 Tage gekostet, wobei 62% für Sprit draufgingen und 29% für Essen und Trinken.

GO Ausgaben

Home sweet home Ala…Brandenburg!

Am nächsten Morgen war dann großes Abschiednehmen angesagt, jeder zog seines Weges.

Batznhäusl2

Ich habe mich für die Rückreise mit den „Berlinern“ (eigentlich kommen sie -wie ich- alle aus dem Umland) verbändelt, auch sie hatten zwei Tage für den Heimweg über Landstraßen eingeplant. In bewährter Tradition haben wir „google maps – kürzeste Strecke ohne Autobahn“ verwendet. So kamen wir über Eger (Zipfel der Tschechei – günstig tanken!) ins Vogtland. Park4night empfahl einen prima Platz an der Talsperre Pirk bei Oelsnitz.

an der Staumauer

Leider hat es nachts wieder geregnet, dafür kam am Folgetag irgendwann die Sonne raus, in Weischlitz haben wir beim Bäcker köstlich gefrühstückt, dann hat uns maps über ganz tolle Ministraßen durchs Vogtland geführt…

Vogtland

Vogtland2

… bis wir dann ab Gera und in unserer Leipzig-Umfahrung auf eher eintönigen Bundesstraßen gelandet sind.

Kleine Überraschung zum Schluss: maps hatte sich für eine Route über Dessau entschieden, doch als wir (bei Wiesenburg) in den Fläming kamen, hat maps eine Route über Dörfer genommen, die ich von dort aus nie gefahren wäre. War aber wohl die kürzeste…

Die Berliner sind dann noch kurz mit reingekommen in Gömnigk, um alsbald auch ihre letzten Kilometer zu absolvieren.

back home again

Fazit: Es war wieder gigantisch: die Urlaubsfahrt über die schönsten Straßen Frankreichs und der Goldene Oktober – er kann es immer noch!

Und nächstes Jahr soll es wohl nach Bosnien gehen…ick freu mir jetzt schon!

Jetzt geht’s noch mal richtig steil!

Die Nacht am Monte Paularo war sternenklar und damit recht schattig. Kein Wunder: wir befanden uns auf 1949 Meter. Minus zwei Grad hat Rainer gemessen, ich hatte außen UND innen Eis am Bulli.

Eis

Aber der klare Himmel hatte auch was Gutes: einen traumhaften Sonnenaufgang. Ein paar Hardcore-Frühaufsteher-Fotografen sind rechtzeitig auf den Monte gestiegen, um das Naturschauspiel aus erhabener Position zu erleben – ich habe mich mit Fotos vom Platz aus begnügt.

Sonnenaufgang

Sodann schurbelten wir uns die gemütliche Schotterstraße und das steile Asphaltstück wieder hinunter.


Tja und dann stand schon der Grenzübertritt nach Österreich auf dem Plan. Dafür hatte Torsten ein ganz besonderes Schmankerl vorbereitet: den frisch eröffneten Passo Polentin. Doch vorher haben uns erst ein paar Forstarbeiter ausgebremst. In stoischer Ruhe haben sie das kleine Sträßchen mit ihren Maschinen blockiert, und erst, als der Baumstamm hochgezogen, in passende Stücke gesägt und auf den Polter gestapelt war, ging es weiter. Dann aber richtig! Es folgten extreme Steigungen, die steilsten Stücke waren mit verfugten Felssteinen gepflastert. Eigentlich müsste man hier mit ordentlich Schwung hoch, jedoch waren die Abschnitte von tiefen Entwässerungsrinnen durchzogen, die sehr umsichtig durchfahren werden wollten. An Anhalten war natürlich gar nicht zu denken, wer weiß, ob man danach noch wieder los kommt (vor allem, wenn die Kupplung nicht mehr ganz topfit ist, wie bei mir 😉 ). Dann waren die Kehren so steil, dass eigentlich bei jedem das Antriebsrad durchdrehte. Hier hieß es: Abstand halten – nicht, dass noch ein Stein vom Vordermann durch die Frontscheibe fliegt.

Österreich

Irgendwann war aber auch dieses Stück gemeistert, und danach ging es in entspannter Fahrt zum Nachtplatz am Hintersee. Aufgrund des schlechten Wetters (Nebel & Regen) haben wir auf die 36 € teure Großglocknerstraße verzichtet (die meisten aus dem Team Dakota waren sie eh schon mehrfach gefahren) und haben uns für den parallel verlaufenden Felbertauerntunnel (11 €) entschieden. Auch der Abend war leider verregnet, und so ging es früh in die Koje.

Schnee überm Felbertauerntunnel

Am eigentlich schon letzten Tag fuhren wir über die alte Gerlosstraße

Käfer im Berg

und an einem Almabtrieb vorbei ins Zillertal und dann zum Kaiserhaus an der Kaiserklamm, wo wir eine deftige Mittagsmahlzeit zu uns nahmen.

Zum Abschluss begeisterte die bereits bekannte Steinbergpassage, ein Streckenabschnitt, der nur in einem bestimmten Zeitfenster befahren werden darf, da Ausweichen hier schier unmöglich ist. Trotzdem kam uns auf halber Strecke ein Vollhorst entgegen. Aber wir waren mehr 😉

Steinbergpassage

Zum traditionellen Abschiedsessen trafen wir uns im Batznhäusl in Kreuth zu einem feucht-fröhlichen Abend.

Batznhäusl

Katastrophentouristen

Die Nacht war unruhig gewesen, Regen hatte eingesetzt und es gab sogar Gewitter. Wie schon am GO-Anreisetag hörte der Regen pünktlich zur Morgendämmerung auf. Toll – jetzt war auch nicht mehr an Schlafen zu denken.

Das Roadbook führte uns schon bald auf eine Waldpiste, die es in sich hatte: schmal, oft nur geschottert, ausgewaschen, ging es hinauf zum Refugio Talamini, wo wir tatsächlich einen echten Espresso bekommen haben, und bei Bedarf auch einen Apfelstrudel.

Morgenkaffee im Refugio Talamini

Von dort ging es ebenso weiter, in teils abenteuerlichen Gefällstrecken und an abgerutschten Straßenabschnitten vorbei.

Jetzt zurück in die Zivilisation und ins Schwimmbad von Longarone. Ab und zu duschen hat auch was. In Longarone haben wir noch kurz an der Stelle angehalten, wo 1963 durch einen Bergsturz über 2000 Menschen ums Leben gekommen waren – weil beim Staudammbau gepfuscht worden war.

Nasser Vormittag am Bergsturz von Langarone

Ein Abstecher brachte uns durch das wildromantische Tal des Tione Cimoliana zum Refugio Pordenone. Es ging durch mehrere Furten sowie quer durch das Geröllfeld des Schwemmtals. Wahnsinn! Und endlich hat uns auch wieder die Sonne gefunden.

Flußbettdurchfahrt

Nach diesem Ausflug ging es weiter über schmalste Sträßchen und Pässe zu unserem Nachtplatz am Rande einer Stichstraße, mit gigantischer Aussicht.

Nachtplatz bei Selva

Am nächsten Tag stachen zwei Passquerungen heraus: zunächst ging es in steilsten Auffahrten auf den Monte Zoncolan. Kaum zu glauben, dass hier auch mal die Fahrer der Tour de France hochgeackert sind…

Tunnel, ausnahmsweise mit Licht

Sella Monte Zoncolan

Danach folgte das (vorläufige!) Sahnehäubchen. Militärstraßen aus dem ersten Weltkrieg stehen oft garant für abenteuerliche Strecken. So auch die Auffahrt zum Monte Paularo. Erst war der einspurige Fahrweg noch asphaltiert, dann bekam der Belag mehr und mehr Löcher, bis nur noch Schotter die Straße bildete.

Militärstraße zum Monte Paularo

Als nächstes haben wir die Baumgrenze überschritten, so gab jede Biegung neue Fernsichten preis. Schließlich gelangten wir zu dem Plateau, auf dem seinerzeit schweres Militärgerät aufgestellt wurde, nur kurz unter dem Gipfel, der damaligen Grenzlinie. Hier war der Weg zu Ende und damit unser Nachtplatz. Die Nacht war sternenklar und entsprechend frisch, immerhin befanden wir uns auf knapp 2000 Meter, und der Bulli hatte am Morgen innen wie außen Eis angesetzt. Dafür spendierte uns der Platz einen traumhaften Sonnenaufgang über der Bergwelt der Dolomiten. Schon wieder: Wahnsinn!Hier ist SchlussMonte Paularo

Tausend-Pässe-Tag

…oder fast. Heute ging es nur rauf und runter. Und das war äußerst kurzweilig, denn wir befinden uns in den Dolomiten. Morgens verwöhnte uns die Sonne schon bald mit ihrer wohligen Wärme,

Pfersachtal

und dann entblätterte sich eine Tour zum Fingerlecken. Ich tippe mal, dass dies der Tag mit den meisten Passquerungen aller Zeiten war (Tante Edit sagt, Torsten hat das sofort dementiert): es ging immer nur rauf, und danach wieder runter, und die Landschaft übertrumpfte sich selbst. Dazu ein Wetter, wie man es sich nicht besser wünschen konnte.

Dolomiten

OK, der Tag hatte weniger spektakulär begonnen: mit einem Platten bei meinem Bulli. Zum Glück war nur die Unterseite platt 😀

Schon im nächsten Ort (Sterzing) konnten wir das Angenehme mit dem Nützlichen kombinieren: Während der Rest der Truppe einkaufen ging, wurde ich bei einer Werkstatt vorstellig. Die konnten sofort helfen. Ein neuer Schlauch musste montiert werden, und in Nullkommanichts war das erledigt – und für kleines Geld. Großes Lob an die Werkstatt!

schnelle Hilfe

Derweil hatte der Rest der Truppe seine Vorräte ergänzt.

Dolomiten2

Kaiserwetter

Nach den ganzen Pässen kamen wir ziemlich fertig und relativ spät am Nachtplatz an. Doch insgesamt waren erst neun von 21 Bullis da. Wo blieb der Rest? Der Chef und die Berliner trudelten alsbald ein, aber die letzten drei hatten tatsächlich den anderen Waldweg genommen und schurbelten sich an der falschen Bachseite empor. Wir wedelten mit Taschenlampen, und sie hatten uns bald entdeckt, doch wenden war dort oben kaum möglich. Dazu kam: Locals mit Geländewagen wollten unbedingt vorbei. Stress pur 😀

Irgendwann kamen dann auch die „verlorenen Jungs“ auf dem Sportplatz/Nachtplatz an, und es kehrte Ruhe ein in der Reisegesellschaft.

Der Ort war eigentlich prädestiniert für einen spektakulären Sonnenaufgang, doch Wolken haben das effektiv verhindert.

Gavaz

Stattdessen beehrte uns die lokale Policia und teilte uns mit, dass Campen hier nicht erlaubt sei. Wir warfen ein, dass wir spätestens in einer Stunde weg sind, keinen Müll hinterlassen haben und nicht zuletzt seit Jahren das OK vom lokalen Bürgermeister haben, hier zu nächtigen (das stimmt tatsächlich!).

Dann ging es wiederum über kleine und kleinste Passsträßchen durch die Dolomiti. Herausragend war die wilde Schlucht des Valle del Mis

und natürlich der Ubaldopass

mit seinen fünf Kehrtunneln und der terrassenartig angelegten Fahrstrecke. Der Wahnsinn!

Auch im weiteren Verlauf befahren wir einspurige Passstraßen, danach quälen wir uns durch den „Grossstadtjungle“ von Belluno bis zum heutigen Nachtplatz.

Es geht los!

Habt ihr schon mal mit nem Bulli nachts im Wald gestanden? So richtig einsam? Oder mit einem Zelt? Habt ihr dann auch gehört, wie jemand um euch herum geschlichen ist? Und was war es? Ein Mensch? Ein Tier? Ein Mensch hätte eine Taschenlampe dabei. Ein Tier? Wäre ja nicht so schlimm, was soll ein Tier schon machen? Aber eigentlich waren es nur die Regentropfen, die etwas komische Geräusche machten. Aber das kann einen gedanklich ganz schön beschäftigen….

Kurzum: die letzte Nacht hat es fast ununterbrochen geregnet und ich habe fast nicht geschlafen. Als der Regen endlich aufgehört hat, war es sieben Uhr – da hatte sich das mit dem Schlafen erledigt. Der liebliche Riedbach, an dessen Brücke ich stand, hatte sich in ein reißendes Flüßchen verwandelt, und den Grasstreifen neben dem Sträßchen, wo mein Bulli stand, in ein undefinierbares Feuchtgebiet. Mit subtilem Manövrieren bin ich trotzdem ohne fremde Hilfe rausgekommen und habe mich danach Richtung Goldener – Oktober – Treffpunkt auf den Weg gemacht. Zur Standardvorbereitung gehört natürlich: günstig Tanken in Österreich (ist ja nur 2 Kilometer vom Treffpunkt) und pfandfreies Büchsenbier besorgen. Check. Dann zum Treffpunkt, frühstücken, Zähne putzen und auf die anderen warten.

GO trefpunkt

So langsam trudelten sie auch ein, und als der Chef eingetroffen war und die Roadbooks ausgehändigt hatte, konnte es auch bald losgehen.

Zur Einstimmung haben wir uns im deutsch-österreichischen Grenzgebiet herumgetrieben…

Wirtatobel

…und warten aktuell an den Burg-Schenke in Grän, die uns doppelt gebucht hatten, darauf, endlich Essen zu bekommen.

Burgschenke

Irgendwann hatte dann auch die ganze Bullitruppe gespeist, wir durften dafür auch über Nacht auf dem hauseigenen Parkplatz verbleiben. Ab neun Uhr morgens durften wir zudem die hauseigene Toilette nutzen, bei gleichzeitiger Bestellung eines Kaffees gratis, ansonsten gegen zwei Euro Gebühr…ohne Wertung! Nach einem phantastischen Abendrot

Burgschenke

und einer sternenklaren Nacht (mit den dazugehörigen Temperaturen) begrüßt uns am Morgen ein stahlblauer Himmel, und irgendwann ist die Sonne auch über die Berggipfel geklettert und trocknete unsere feuchten Bullis.

In flotter Fahrt geht es dann am schönen Haldensee vorbei, über ordentliche Steigungen zum Hahntennjoch,

Hahntemnjochpass

an einer Erntefestprozession vorbei ins Ötztal, dort über den Kühtaisattel,

Kaiserschmarrn auf dem Kühtaisattel

sodann Innsbruck südwestlich vermeidend immer parallel zur Brennerautobahn über den gleichnamigen Pass hinüber nach Südtirol. Dort schlagen wir uns gleich in das erste Tal, das sich anbietet, das Pferschtal. Am Ende der Straße, hinter dem Hotel, gibt es einen Schotterplatz. Dort richten wir uns gemütlich ein. Bei der Hauptkammüberquerung hat sich auch das Wetter geändert.

am Ziel für heute

Bedrohliche Wolken hingen in den Bergen. Wir hoffen, dass es nicht allzu dramatisch wird…

Im Rentnerparadies

Die Nacht war unruhig. Das kam vor allem durch den Regen. Merke: stell deinen Camper, wenn es regnet, nie unter einen Baum. Die großen Tropfen, die von den Blättern fallen, klopfen unregelmäßig und sehr laut aufs Dach. Das gleichmäßige Knistern des Regens ist dahingegen schon fast einschläfernd.

Und wie die Nacht war, setzte sich der Tag fort: Dauerregen und alles grau-in-grau. Meine Idee einer Außenrunde durch den Südschwarzwald habe ich schnell begraben. Selbst die kürzeste Strecke zum Nachtplatz schlug mit 250 Kilometern zu Buche – das reicht.

Nun hatten wir ursprünglich zum Vorabtreffen einen schönen, günstigen Campingplatz auserkoren, von dem sich aber herausstellte, dass der bereits am 10. September geschlossen hat. Alternativ hatten wir uns auf einen Platz „beim Bauern“ entschieden. Aus Neugier wollte ich trotzdem den ursprünglichen Platz besichtigen, vielleicht hat er ja doch noch auf…

Und der Platz war wirklich schön: auf Terrassen gelegen, unten ein See, umfangreiche sanitäre Anlagen. Nur: kein Mensch da. Und nirgendwo eine Rezeption zu erkennen. Sehr strange….Da absolut niemand auffindbar war, den man befragen könnte, fahre ich wieder los. Obwohl ganz offensichtlich Gäste auf dem Platz anwesend waren. Schade.

Der nächste Platz ist nicht weit, schön und sauber – aber: er hat keine Dusche, nur ein WC. Das hatte ich irgendwie übersehen. Denn eine Dusche war überfällig, insbesondere bevor ich mich unter die Mit-Oktoberer begebe. Meine Umdisponierung weckt Missmut bei den anderen Vorab-Treffern: die ersten stehen schon „beim Bauern“. Aber was soll’s – ist eben so. Unweit dieses Platzes hatte ich einen ebenso günstigen Stellplatz MIT Dusche gefunden, da musste ich hin. Und immerhin hat inzwischen der Regen aufgehört.

So Zähneputzen am Waschbecken und Rasieren mit großem Spiegel vor sich hat schon was. Einmal Rundumpflege auf dem schönen Stellplatz auf den Büchelwiesen. Nein, keine Verwandtschaft mit dem Herrn Generalintendent.

Dann hatte ich also den nicht benötigten Puffertag zur freien Verfügung. Zunächst hab ich mir das Schloss Waldburg angesehen, wohl wissend, dass dort nur Sonntags geöffnet ist. Aber allein der Fernblick bis zu den Alpen lohnte sich. Zudem waren am Zugangsweg kleine Informationstafeln angebracht, die das Leben der Ritter und Bauern im Mittelalter schilderten. Und natürlich die Geschichte der Burg. Wer sie von innen sehen will: Besichtigung immer Sonntags.

Waldburg

Danach ging’s runter zum Bodensee und ein Stück am Ufer entlang. Aber überall bezahltes Parken und überhaupt. Na wie man es eben von beliebten Badeorten so kennt. Wenig einladend. Dann habe ich noch eine Pflichtrunde über die Insel Lindau gedreht. Was ich da gesehen habe, hat mich nicht darin bestärkt, dort noch mal zu Fuß hin zu marschieren. Knuffige Altstadt, aber nix besonderes. Nur dieser irre Sackbahnhof für so ein kleines Kaff…

Zur Option standen ein paar öffentliche Parkplätze hinter den Gleisanlagen (wieder am „Festland“), wo parken ab 20 Uhr gratis sein sollte. Sah aber nicht soooo einladend aus, und so bin ich noch etwas rumgeeiert, und -zack!- war ich in Österreich. Noch mal kurz orientiert, dann über eine kleine Passstraße wieder zurück nach Deutschland und unmittelbar dort ein kleines Sträßchen rein und vor einer Bachbrücke das schöne Wetter Dank Föhn genossen – nach all dem Regen der vergangenen Tage. Und noch ein Stück gewandert:Hasenreuter WasserfallRiedbach

Riedbach und Hasenreuter Wasserfälle

Willkommen im Neuland

Ich hatte ja nächtlichen Besuch befürchtet, da ringsum alles von Wildschweinen zerwühlt war, aber die Nacht am verlassenen Anglerteich war wiederum mega-ruhig.

Les Arsures

Traurig, aber wahr: Teil eins meiner Tour ging dem Ende zu, die Verbindungsetappe zum Goldenen Oktober begann. Vom letzten Schlafplatz bis zum GO-Treffpunkt waren es so 800 Kilometer, oder 17 Stunden Fahrzeit. Ich wäre dann gegen 23 Uhr dort in Lindau.

Neeeee, ich habe mir dafür drei Tage reserviert, plus einen Tag Puffer, alles ganz geschmeidig! Trotzdem ging es heute flott voran: Nach etwas Einpegeln lag viel Route Nationale auf der Strecke, immer wieder -und das ist das Schöne bei maps-“Autobahnen vermeiden“- unterbrochen von völlig verrückten Querdurch-Sträßchen. Auf den RN schafft man schon was, und so stehen heute 395 km auf der Habenseite. Und: der Bulli ist ab heute Ü-50. Nämlich über 50.000 Kilometer. Leider ist die sechste, die vorderste Stelle nicht bekannt. Im November übrigens wird der Bulli auch vom Alter her Ü-50, aber bis dahin ist ja noch ein bisschen….

Weiter geht’s gen Osten. Ich habe Zeit, muss mich also nicht auf der Hauptverkehrsroute zwischen Besançon und Mühlhausen rumplagen, sondern suche mir hübsche Routen im Streifen zur Schweizer Grenze.

Und so sichte ich unterwegs einen schönen T2b Westfalia (leider keine Möglichkeit für ein Fotostopp) und kurve nochmals durch romantische Flusstäler.

Schlucht1

Schlucht2

Vor dem Grenzübertritt nach Deutschland galt es noch, pfandfreies Büchsenbier einzukaufen (aber im lokalen Intermarché war das Kronenbourg unverschämt teuer, und die günstige Marke mit dem verheißungsvollen Namen Koenigsbier kannte ich nicht…) und den Einkaufsauftrag eines Freundes zu erfüllen. Als Sahnehäubchen dann -kaum überraschend- die lächerliche Netzabdeckung in Deutschland. Selbst IM ORT Weil am Rhein hatte die clever-tanken-App nicht genügend Netz um die „günstigste“ Tankstelle zu ermitteln, was dazu führte, dass ich ungewollt die EU verlassen habe und in die Schweiz eingereist bin. Da ich den Wechselkurs nicht kannte, bin ich wieder zurück nach Lörrach (die App hatte inzwischen Netz) und habe teurer als in Frankreich getankt 😦 Ja, das Internetz ist in Deutschland immer noch Neuland GRRRRR.

Immerhin: auf park4night ist Verlass: abseits der Bundesstraßen zeigt sie mir einen Platz, an dem zwar leider der Brunnen abgeschaltet ist. Das ist schade, denn seit Frankreich suche ich eine Möglichkeit, meinen zur Neige gegangenen Wasserkanister zu befüllen. Ich habe nicht einmal Wasser zum Rasieren (obwohl das inzwischen dringend nötig wäre…). Ja selbst die Optionen fürs Abendmahl sind übelst eingeschränkt, da bei den meisten Wasser zugefügt werden muss.

Aber wie das Schicksal so spielt: nach einer Weile gesellt sich ein irischer T5 dazu, auch er hat den Platz über park4night gefunden, fährt gerade mit seiner Frau eine Tour durch Westeuropa und spendiert mir eine Flasche Wasser, denn wie das so ist: wenn das eigene Wasser alle ist, sind alle Brunnen am Wegesrand und auf den Dorfplätzen wie vom Erdboden verschluckt.

 

Einen schönen guten Morgen!

Die persönliche Grundreinigung, die auf dem Camping Municipal (Gemeindeeigener Campingplatz) möglich war, war auch überfällig. Aber ich musste mich schick machen, denn ein ganz besonderer Termin stand heute an.

Wildgänse auf dem benachbarten Fußballplatz

Wildgänse auf dem benachbarten Fußballplatz

Doch erst einen Schritt zurück: Am Vorabend erreichte mich die Mitteilung, dass die Ausfahrt des S.A.M.R.C. am Sonntag nicht stattfinden würde, wegen des schlechten Wetters. Nun hatte ich schon etwas gegoogelt, da es ja so stürmisch war, und das bedeutet meist Wetterumschwung. Ja: es sollte etwas kühler werden, auch etwas Regen war möglich, aber deshalb eine Ausfahrt absagen? Bei Kachelmann sah ich dann später, dass ein recht heftiges Unwettergebiet gerade so an der besagten Region vorbeischrammte…Na toll – Ausfahrt also abgesagt 😦 . Aaaaber: ich bekam eine Einladung von Erik Verhaest, ihn stattdessen zum Lunch zu besuchen.

Erik und seine DS Cabriolet

Erik stammt aus Belgien, war 30 Jahre Directeur Public Relations bei Citroën Nederland in Amsterdam, wohnt jetzt im schönen Sainte-Alauzie in einer phantastisch restaurierten alten Scheune, vor allem aber ist Erik der Mann hinter „La Carte Postale du Jour“ auf Facebook. Jeden Tag veröffentlicht er auf seinem Account eine alte Ansichtskarte, die alle eins gemeinsam haben: es ist mindestens ein (inzwischen historisches) Automobil drauf. Denn die Karten datieren oft aus dem Fünfzigern und Sechzigern, manche aus den Siebzigern und ab und zu auch deutlich ältere. All diese Karten, meist aus Frankreich, aber auch vom Rest der Welt, strahlen eine längst verflogene Atmosphäre aus, den Geist einer Zeit, in der nicht alles von Hast und Eile, von DIN-Norm und Geradlinigkeit bestimmt wurde. Sie zeigen nicht nur die Entwicklung des Automobilbaus, sondern auch die Veränderung unserer Dorf- und Stadtumgebung. Wir sehen noch Masten voller Freileitungen quer durch die Ortschaften, Straßen ohne Bürgersteige, keine Parkplatznot, kleine Krämerläden – und in Frankreich immer einen tabac. Viele seiner Facebook-Abonnenten analysieren dann die abgebildeten Fahrzeuge äußerst sachkundig, oft postet auch jemand ein aktuelles Bild des selben Ortes (im Gegensatz zu Deutschland hat google street view in Frankreich so ziemlich jeden Winkel abgefilmt) und man sieht, wie sehr sich alles gewandelt hat. Nur in wenigen, seltenen Fällen hat sich der Charme einer Ansicht bis heute erhalten. Erik hatte zum Lunch geladen, dafür an dieser Stelle nochmals herzlichen Dank an seine Frau Yvonne und ihn. Und die Einladung hatte noch etwas Gutes: es goss nämlich die ganze Zeit in Strömen, während wir in Eriks gemütlichen Scheune saßen. Zur Kaffeezeit bin ich dann weiter gefahren, waren doch schon die ersten leisen Rufe des Goldenen Oktober zu hören. Das Nachtlager schlug ich an einem Grillplatz bei St-Pierre-Toirac, direkt am Lot auf. Bis auf etwas Nach-Regen eine herrlich ruhige Nacht.
Tags darauf ging es weiter flussaufwärts im schönen Lot-Tal, immer wieder über uralte, schmale Steinbrücken, und als ich der Quelle näher kam, stand auf einmal diese Chateau-Ruine mitten im Tal auf einem Felsen „im Weg“. Mega-strategisch platziert, war das Chateau Tournel bestimmt ein mal eine extrem wichtige Verteidigungsanlage. Heute kann man sie über einen ausgeschilderten Rundweg erwandern und auch fast alle Räumlichkeiten betreten. Nur nach oben auf den großen Turm gibt es leider keine Treppe. Trotzdem absolut lohnenswert.

Chateau ruine de Tournel

Tournel2

Tournel3

Ja und dann wollte ich eben so nah wie’s geht an die Lot-Quelle ran. Dazu hatte ich einen Außenschlenker anvisiert, der den jungen Fluss noch ein Mal queren sollte. Doch wie ich dort so fuhr, gab es überall links und rechts Abzweige ohne Verbotsschild, und dann hab ich mir bei maps mal die vermeintlich genaue Quelle anzeigen lassen – und die Route dahin. Nun – das war schon recht oktobrig, kann ich sagen! Die Quelle ist leider mehr zu erahnen, denn ausgeschildert ist vor Ort nichts (wohl aber der Wanderweg dorthin!).

auf der Suche nach der Quelle des Lot
auf der Suche nach der Quelle des Lot

Danach hab ich den auserwählten Nachtplatz ins Navi eingegeben…und dann ging‘ los. Hallelujah! Das war wirklich 1a Goldener Oktober. Schlammige, schmale Waldwege, Schotter, heftige Querrinnen, starke Gefälle -alles mit dabei. Ich sage mal: GO: ich habe geübt 😉

Es klappert hier gar nix, es gibt auch kein‘ Bach…

Doch, gibt es! Und ganz in der Nähe von Bach (der Ort heißt so) steht eine Mühle. Bei Mühlen denkt man -na klar- zuerst an Holland. Dann vielleicht noch an Spanien/Portugal. Und natürlich an die Bockwindmühlen bei uns im Fläming. Bei denen wird nicht die Turmhaube gedreht, sondern die ganze Mühle, die quasi auf ihrer eigenen Achse steht. Unsere Bockwindmühlen sind aus Holz (sonst wären sie auch zu schwer zum Drehen), denn Holz gab es immer genug im Fläming. Steine zum Bauen eher weniger, da musste man schon Ziegel brennen, denn der Boden besteht fast nur aus Sand. Ganz anders hier im Land zwischen Dordogne und Le Lot: früher, wo man für alles Holz brauchte: für Werkzeuge in Heim und Landwirtschaft, zum Heizen und zum Bauen (Dachstuhl), wurde, wenn es ging, Stein statt Holz verwendet. Denn davon gibt es hier reichlich. So ist die Mühle „Lo Molin de la Gaventa“ aus (Natur-) Steinen errichtet, die Dächer der Häuser waren früher mit Steinschindeln gedeckt, und so weiter.

spooky sunrise

Die vorliegende Mühle wurde gemäß Zahl auf dem Türsturz 1786 errichtet, lag danach aber sehr lange brach. Selbst die Großmutter des Besichtigungsführers, Jahrgang 1913, hat sie nie in Betrieb gesehen.

Türsturz

Die erste Instandsetzung der Mühle fand 1982 statt. Der Initiativnehmer hatte wohl allerdings mehr die daneben errichtete Ferienanlage im Blick. Als diese nicht mehr lief, verfiel sie und mit ihr die Mühle.

2007 hat ein englisches Ehepaar die Mühle erworben und sorgfältig restauriert. Besonders: trotz des wiederholten Verfalls befand sich der Mühlstein (zu 700 kg) noch oben im Turm. Während der Restaurierung wurde er behutsam angehoben, um die Balken rundherum zu erneuern.

Lo Molin de la Gaventa

am Fuße der Mühle

2016 vermachten die Engländer die Mühle der lokalen Gemeinde um sicher zu stellen, dass sie nie wieder privatwirtschaftlichen Interessen geopfert wird. Ein Freundeskreis kümmert sich inzwischen um das geschichtsträchtige Bauwerk, und drei Mal im Jahr kann man die Mühle in Betrieb sehen, denn sie ist wieder voll funktionsfähig!

Bei facebook: https://www.facebook.com/Amis-du-moulin-de-Saillagol-483617372052822/

Ach übrigens: Heute die allerersten T2 in Frankreich gesehen – und gleich zwei! In Fumel und in Carhors.

Am Folgetag galt es, in der Region zu bleiben, denn am Sonntag findet die Oldtimerausfahrt des SAMRC statt.

nichts für fette SUV

So war die erste Station der LeClerc in Villefranche: Wochenendeinkäufe. Merke: auch hier gibt es crushed ice. Danach hatte ich mir die Uferseite mit der kleinen Straße durch die Gorges de l’Aveyron ausgesucht. Weil grün markiert, hatte ich außerdem einen Schlenker über Cordes-sur-Ciel ausgewählt. Dort stand ein Tramperpärchen, und die habe ich spontan mitgenommen. So was mache ich fast nie, aber die beiden schienen sympathisch und wollten ja nur in kurzes Stück mit. Sie Portugiesin, er Österreicher, beide auf einem Freiwilligenjahr in Frankreich. Und dann gingen mir wieder die ganzen Gedanken durch den Kopf: was, wenn jetzt ein Unfall passiert? Der alte Bulli hat keine Gurte, und der Beifahrer fliegt bei ner Vollbremsung in hohem Bogen durch die Frontscheibe (insbesondere, wenn er nicht „mitfährt“, sondern meistens auf’s Handy starrt, wie sie). Auch er, hinten mittig sitzend, würde dezent zwischen Kühlschrank und Hochschrank durchsegeln…

Wie haltet ihr das: nehmt ihr Anhalter mit? Habt ihr keine Befürchtungen? Hatte überhaupt schon jemand schlechte Erfahrungen? Schreibt es doch mal in die Kommentare – bin sehr gespannt.

Nach dem Schlenker ging es wieder an l’Aveyron zurück, der noch mal mit irren Felswänden begeisterte, in denen sogar Leute hingen. Ich würde tausend Tode sterben…

Gorges de l'Aveyron

Zur Nacht lud der Camping Municipal de Caussade: hübsch, sauber, schattig und günstig. Ach ja: und Duschen gab es auch 😉 Was will man mehr?

Police Militaire und Bürgermeisterbegrüßung

Nochmal zurück zu Domblans von vorletzter Nacht: der Platz wurde hoch gelobt bei park4night. Gut, ’nem geschenkten Gaul…zudem gab es gratis Trinkwasser (plus Fäkalienentsorgung für die Wohnklos). Und wenn man den Blick in die richtige Richtung wendete, sah man ein burgähnlich auf einem Berg liegendes Dorf. Hübsch. Im Rücken – und direkt nebenan statt in weiter Ferne – lagen halb verfallene Gewerbehallen. Gleich daneben eine Fabrik unbekannter Güter, in der alle zwei Minuten das Geräusch einer anlaufenden Tischkreissäge ertönte. Nicht sehr laut, dafür die ganze Nacht.
Bevor ich mir jedoch den Ruf eines notorischen Nölpferds einhole: ich schreibe das nur, weil es auch Plätze gibt, die wirklich uneingeschränkt schön sind – und trotzdem nichts kosten. Oder nur minimal, wenn man Strom oder Wasser in Anspruch nimmt. Wie der heutige Nachtplatz hier in Laqueuille zum Beispiel. Oder der von letzter Nacht, in Les Noës: Zwar direkt an der Dorfstraße gelegen, aber mit einer dichten Koniferenhecke abgeschirmt, und nach 19 Uhr war hier quasi kein Verkehr mehr. Dafür gab es Toiletten und eine Spüle, und natürlich Wasser. Chapeau! So gegen halb acht morgens ging’s dann los: der Schulbus kam, eine Fahrgemeinschaft traf sich, und alle, die früh „unten in der Stadt“ arbeiten mussten, machten sich auf den Weg. Nach dem Morgenkaffee tat ich es ihnen gleich, allerdings nur bis zum Informationszentrum des Doppelstaudamms unweit des Dorfes. Hier war vor allem die 1891 fertiggestellte Mauer des Barrage du Chartrain interessant, wo man direkt unten am Damm langlaufen durfte (nach meinem Gefühl ist so was bei uns meist verboten…nicht?). Ist schon ein wenig ein mulmiges Gefühlt. Da hilft auch das Wissen nicht, dass der Stausee wegen der Trockenheit halb leer ist. Totaler Wassermangel auch hier.

Barrage

Unterwegs gen Westen und zur Dordogne fiel mit die Burg Chateau de Murol auf, hoch auf einem Berg thronend. 9,60 € Eintritt schienen mir etwas happig, im Nachhinein hat sich die Ausgabe aber gelohnt. Mit der Eintrittskarte gab es ein deutsches Faltblatt, dass die Stationen des ausgeschilderten Rundgangs beschrieb. Die verschiedenen Räumlichkeiten waren komplett ausgestattet mit dem, was man im 15. Jahrhundert eben in Küche, Salon, Esszimmer und Schlafgemach so hatte. Sehr schön und anschaulich gemacht. Und der Rundgang brachte den Besucher an jede Stelle, die man betreten durfte. Nichts verpasst!

Chateau de Murol

Chateau Gemach

Chateau Küche
Als nächstes galt es, einen veritablen Pass zu erklimmen. Stolze 1401 Meter wollten bezwungen werden. Für den Goldener – Oktober – Bulli war der Col de la Croix Morand natürlich kein Problem. Weil wir beide gerade so schön in der Stimmung waren, sind wir noch zur Talstation des Skigebiets am Puy de Sancy gefahren – da war aber noch nichts los.

Col de la croix Morand
Für die Nacht war Ziel, einen Platz zu finden, der Strom bietet, ohne dass man für über 20 € auf einen Campingplatz muss. Und so stehe ich nun hier in Laqueuille. Ohne Industrie und Gewerbe und Dreck, mit Aussicht, Strom für 4 €. Allerdings gibt es nur eine Steckdose, direkt an der Ver- und Entsorgungssäule. Als ich etwas ratlos um mich blicke, kommt eine Frau daher und stellt sich als die Bürgermeistergattin vor. Ich schildere mein Problem, und sie verspricht, sogleich mit dem Bürgermeister darüber zu sprechen. Und siehe da: schon nach fünf Minuten stellt sich der Ortschef persönlich vor und bestätigt, dass ich über Nacht auf der Entsorgungsstation stehen kann. Wer will schon nachts Schmutzwasser ablassen? So kann ich schön die Zweitbatterie und den Läppi nachladen. Alles neu hier, alles sauber. Top.

Laqueuille

Frühstück unterwegs

Am Tag acht entscheide ich mich für den Schlenker durch die Gorges d’Avèze. Ganz ehrlich: kann man sich schenken. Keine Ahnung, wer bei Michelin über grüne Linien für sehenswerte Strecken entscheidet und nach welchen Kriterien: Hier ging’s einfach nur kurvig durch den Wald runter und auf der anderen Seite genau so wieder hoch. Gähn. Interessanter war dann schon die Route des Ajustants weiter flussabwärts, an der Barrage de l’Aigle und schließlich an der Barrage du Chastang (Barrage = Staudamm). Der von park4night empfohlene Nachtplatz lag direkt unterhalb einer Kletterstrecke. Die musste ich natürlich auch gleich antesten, aber wenig überraschend (ich bin so gar nicht schwindelfrei) war schon nach fünf Metern Schluss…

Später am Abend kam ein junges Pärchen mit einem alten Transit mit Camperaufbau dazu, deren erste Frage war, ob ich bei der Police Militaire sei oder war (Kennzeichen PM). Nachdem das geklärt war, haben wir uns über Gott und die Welt unterhalten (soweit mein Französisch das hergab, denn die beiden sprachen keinerlei Fremdsprachen), und sie gaben mir einen Tipp, wo ich crushed ice bekommen könnte. Mein letztes Kühl-Eis stammte noch von einem Intermarché mit Frischfisch-Abteilung und hatte sich inzwischen vollkommen in Wasser aufgelöst. Eigentlich braucht meine „Kühlbox“ alle zwei Tage frisches Eis.

Dann ging es weiter flussabwärts an der Dordogne entlang. Inzwischen war ein stattliches Gewässer aus ihr geworden, auf der viel Kanu gefahren wird. Am Ufer links und rechts finden sich zahlreiche Chateaus. Sehenswert laut Michelin wären außerdem die Gärten von Marqueyssac, immerhin mit drei Sternen ausgezeichnet. Aber 9,40 € für ne hübsche Parklandschaft war mir dann doch zu happig. What a surprise: Mehr als die Hälfte der Besucher kam offensichtlich aus England…

Danach habe ich noch einen Abstecher zu den Gouffres de Padirac gemacht, ein gigantisches Höhlensystem, das ich in meiner Jugend schon mal besucht hatte, hier hat mich allerdings die Warteschlange abgeschreckt und ja, irgendwann hat man auch genug Höhlen gesehen.

Zum Abschluss gab es noch etwas Strecke mit geilen Felsüberhängen und ein gigantisches Eisenbahnviadukt. Damit habe ich mich von der Dordogne verabschiedet, jetzt wechsle ich rüber zu Le Lot.

bei Gluges2

bei Souillac
Nachtplatz ist auf halber Strecke zwischen beiden Flüssen, in wiederum unfassbarer Einsamkeit und Stille…

Schöne Landschaft geht auch ohne Google Maps

Es wäre ja auch zu einfach, wenn alles immer so läuft, wie man sich das vorstellt.

Nachdem ich beim letzten Urlaub alle paar Tage 200 MB Datenvolumen (teuer) nachladen musste, hatte ich diesmal vorab auf 1 GB Standardvolumen erhöht und dachte Wunder, wie weit ich damit komme. Zumal ich in Frankreich free.fr nutzen wollte, doch ob/wie das funktioniert, wird sich erst morgen zeigen. Das Elend begann damit, dass Google Maps seit der Überquerung des Vogesenkamms schlicht nicht funktionieren wollte. Zu schlechtes Netz, angeblich. Aber nicht nur in den einsamen Bergtälern, sondern auch mitten in der (Klein-)Stadt. Und hey: wir sind nicht in Deutschland, wo so was normal ist! Aber ich hatte ja noch here als Navi-App auf’m Handy, und siehe da: die läuft. Warum auch immer. Aaaaaaber: Beim Check heute Abend stelle ich fest, dass here für einen Tag so viele Daten gefressen hat wie Google für vier Tage 😦 Geht gar nicht! Außerdem kann man bei here keine Zwischenstopps einfügen. Und here zeigt nicht die verbleibende Fahrzeit & Kilometer an. Dafür aber die aktuell zulässige Höchstgeschwindigkeit (hat auch was). Wenn Google morgen immer noch nicht geht, muss maps.me ran.

Nun aber zur Strecke: morgens in den Vogesen war ich noch vor den Motorradfahrern losgekommen, schade eigentlich. Über den Col de la Schlucht (dieser Name!…Den Pass hatte ich vor zwei Jahren schon von West nach Ost überquert, nun von Nord nach Süd) ging es östlich von Besançon über Kleinststraßen durch leicht hügeliges Land, immer wieder unterbrochen von steilen Abstiegen, Stadt, Fluss, Brücke, steiler Aufstieg und dann wieder leicht hügeliges Land.

Laissey

Überall erhalte ich übrigens ein freundliches Lächeln, und es grüßen sogar Porsche- und Rolls-Royce-Fahrer. Und man sieht Kurioses. Wie die schon etwas ältere Ente (Alu-Grill…60er Jahre?), besetzt mit fünf (!) Erwachsenen und entsprechend in den Federn hängend schnattert sie mühsam den Berg hoch. Auch eine Ausfahrt eher hochpreisiger Sportwagen kreuzte meine Route – allerdings nur für wenige Kilometer. Leider kann man als Alleinfahrer von all diesen spontanen Unterwegs-Begegnungen keine Bilder machen. Jetzt bin ich irgendwo in was man wohl die französische Pampa nennt, die kleine Kommune Domblans hat freundlicherweise einen gratis Stellplatz mit Wasserversorgung eingerichtet – das hat doch auch was.

Am Morgen danach habe ich die Gunst der Stunde genutzt und den Wasserkanister aufgefüllt – viel war nicht mehr drin, und hier gab es zumindest sicheres Leitungswasser und dazu frisches Brot vom lokalen Boulanger.

Weiter ging der Ritt – heute auch mal etwas schneller über die Routes Nationales. Gegen Mittag kreutzte mein Weg die majestätisch dahinströmende Saône, und schnell ging es wieder auf kleine, kurvige Straßen und somit durch den romanisch-verschwiegenen Ort La Clayette mit seinem See und seinem Schloss.

La Clayette

Und diese abgefahrene Kirche mit dem Mosaik-Dach in La Bénisson-Dieu.

Mosaikkirche
Dann noch mal eben die Loire überquert um zu probieren, in Renaison die heiß ersehnte französische SIM-Karte zu erwerben. Wie ich schon gelesen hatte, muss die SIM mit Kreditkarte bezahlt werden. Leider hat meine (neue) Kreditkarte bereits sechs Mal versagt, dies wurde dann das siebte Mal. Also Alarm-Mail an meine „neue“ Bank und sowahr: die (persönliche) Antwort kam binnen Minuten. Allerdings erst mal mit Rückfragen und Dingen, die ich überprüfen sollte, aber immerhin. Nun bin ich gespannt, ob die das hinkriegen.

Renaison
Zur Nacht bin ich ein paar Kilometer in die Berge gefahren, dort war ein ruhiger Stellplatz mit WC angekündigt – auch mal nett!

Ach so – zu Google Maps: Keine Ahnung wie, aber der Standortzugriff war auf einmal abgeschaltet. Das hat Maps mir aber erst mitgeteilt, als ich Maps komplett deaktivieren wollte. Der Play Store ging übrigens auch nicht. Den Zusammenhang verstehe ich immer noch nicht…aber jetzt läuft’s wieder.

Von den deutschen Bergen in die französischen Berge

Die Nacht am Speicher war ruhig – und doch nicht so frisch wie befürchtet. So, noch ein wenig Thüringer Wald genossen, und dann Strecke machen. Auf geht’s, nach Sinsheim! Wobei sich mir nicht erschließt, warum neben Sinsheim auch in Speyer, also in unmittelbarer Nähe, ein Technikmuseum existiert, wie es sonst kaum welche gibt in Deutschland.

die russische Concorde

Das Museum ist ein Riesending. Man ist sich nie sicher, ob man schon alles gesehen hat, alle Gänge und Hallen (und Freiluftexponate!) abgegrast hat. Immerhin gibt es einiges zu sehen: von Nähmaschinen und Kettensägen über Moppeds und KFZ bis hin zu LKW, Panzer, Lokomotiven und Flugzeugen. Keine Schiffe :D, aber immerhin Schiffsmotoren. Wahnsinn. Wer in der Nähe ist: unbedingt hinfahren!

Brutus

Ein Mercedes 4x6

Kübel

Das Museum bietet auch Camper-Stellplätze (allerdings ohne jegliche Versorgung), und da ich recht fertig war, hab ich das Angebot gern genutzt.

Burg Steinsberg

Am Folgetag stand Frankreich als Endziel auf dem Plan, doch nicht ohne einen großen Bogen durch den wunderschönen Schwarzwald. Aber zu aller erst: Frühstücken auf dem WoMo-Parkplatz des Technikmuseums? Och nö. Dann lieber kurz rausfahren, so groß ist Sinsheim nicht. Aus Versehen unterwegs noch die Burg Steinsberg mit einem Besuch beglückt. War aber keiner da, der sich darüber gefreut hat. Einen schönen Platz in der Morgensonne gab’s dort auch nicht, also weiter. Irgendwo dort in der Ecke hab ich dann ein kuscheliges Plätzchen gefunden und den Morgenkaffee zu mir genommen. Ach nee Quatsch – stimmt ja gar nicht: Der Energy-Drink musste weg. Denn das sind Pfandbüchsen, und die werde ich ab heute Mittag nicht mehr los. Also rinn innen Kopp! Weiter ging’s zick-zack durch den Schwarzwald, eine Region mit vielen Flößergeschichten und uralter Papierindustrie.

Druckleitungen und Zahnradbahn bei Forbach

Vor der Grenze noch schnell tanken und einkaufen (Pfand zurück!) und dann über die Maginot-Linie. In Marckolsheim gibt es dazu einen Bunker, in dem ein Museum eingerichtet ist. Klein aber fein und einen Besuch wert.

Kasematte von Marckolsheim

Jetzt ging es in die Vogesen. Natürlich hatte ich mir die kleinen Sträßchen ausgesucht, alles andere ist doch langweilig!?

Über Ribeauvillé -wo aus unbekanntem Grund Himmel und Menschen unterwegs waren- und Ste-Marie-aux-Mines und über den Col du Bonhomme schurberlte ich mich zum Nachtplatz. Zum Feierabend ein wunderschöner Ort, um in der Abendsonne die geilsten Motorräder, eine Horde Peugeot 205 GTi aus den Niederlanden und einen Renault 5 Alpine-Turbo-was-weiß-ich vorbeidonnern zu sehen und zu hören. Und für den Rest der Nacht: ohrenbetäubende Stille 😀

Nachtplatz südlich des Col du Bonhomme

Roadtrip 2019

Endlich wieder los. Großer Urlaub, inklusive -wenn der Bulli durchhält- Goldener Oktober! Wobei das mit dem Loskommen sich gar nicht so einfach gestaltete, war doch das Wochenende vor der Abfahrt vollgepackt mit allem außer Urlaubsvorbereitungen. So zog der Montag ins Land, der Dienstag auch noch, aber am Mittwoch ging es endlich los.

In bester Tradition der großen Tour von 2017 führte mich die erste Halbtagsetappe bis zur Elbfähre bei Barby (ihr erinnert euch? Dort, wo die Verlängerung unserer Bahnlinie mit einem gigantischen Brückenbauwerk aus dem vor-vorigen Jahrhundert die Elbe quert).

Während ich mir voriges Mal einen Platz auf der Nordseite des Elbufers, suchte, stand ich jetzt direkt an der Mündung der Saale in die Elbe. Schließlich wollte ich die Saale noch ein ganzes Stück begleiten.

Saalemündung

Und so ging es am Folgetag über Calbe, Bernburg und Könnern immer wunderschön an der sich gemach dahinschlängelnden Saale entlang. Nähe Laucha wechselte ich in das Unstruttal, und über Freyburg nach Naumburg wieder zurück an die Saale. Streckenweise fast canyonartige Täler lassen einen glauben, man sei bereits in Südeuropa.

unteres Saaletal

Naumburg überrascht mit Herrenhäusern direkt am großen Stadtgraben, sowas hatte ich so noch nicht gesehen. Von dort ging es, jetzt im Ilmtal, bis Apolda, dann weiter über die Thüringer Porzellanstraße und die Klassikerstraße (was es nicht alles gibt) nach Saalfeld.

Inzwischen hatte ich auch herausgefunden, wie man eine Route über Zwischenstopps gestalten kann, und: wie man verhindert, dass man in größeren „Zwischenstopp-Orten“ erst aufwändig ins Zentrum hineingeleitet wird, um danach genauso aufwendig wieder herausgeführt zu werden. Ich Fuchs!

Reinstädt

Als Nachtplatz empfahl park4night den Wanderparkplatz am
Goldisthal-Oberbecken, ein Wasserreservoir, das offensichtlich oben auf einem Berg gebaut wurde (und ganz schön leer ist). Anscheinend ist die Straße unten eine beliebte Motorradstrecke, alle 2 Minuten heulen die Motoren eine Sportmaschine durch den Wald. Ich stelle mir vor, wie ich gerade mit 40 km/h den Berg hochzuckel, und dann kommt so eine Rennmaschine von hinten um die Ecke 😦 .

Am Hochspeicher

Doch abends wurde es ruhiger, und ich habe dort gut geschlafen.

Buchbesprechung „Mit dem Bulli „Otto“ durch das Meer ohne Wasser“

War lange still hier. Leider ist es mir nicht vergönnt, ganzjährig herumzutouren. So muss man zwischenzeitlich mit anderen Reisenden mitträumen. Wie zum Beispiel mit Gerhard Witt. Er fährt VW-Bus T2 und er liebt die Wüste. Er ist MEIN Mann 🙂 Das Buch habe ich dann auch in einem Zug ausgelesen…

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Ist das nicht ein Traum? Mit dem geliebten T2 in die Wüste…an Orte, wo noch keiner war…? Na gut: Das ist schon ganz schön retro. Heute, mit den ganzen High-Tech-Expeditionsmobilen mit 4×4, 6×6 und noch mehr ist es wohl eher eine Form masochistischen Minimalismusses.

Gerhard Witt hat es trotzdem gemacht. In einer Zeit, in der der afrikanische Kontinent noch nicht vollständig von Kriegen und Revolutionen überzogen war. Angefangen hat alles mit einem T1, „mal eben“ nach Kapstadt und zurück. Dabei wurde er vom Afrika-Virus erfasst, und in der Folge unternahm er zahlreiche weitere Reisen dorthin – immer mit dem Bulli.

1978 hatte er sich einen nagelneuen Kastenbulli mit Hubdach gekauft, den er komplett nach eigenen Vorstellungen ausgebaut und im Laufe der Jahre immer weiter optimiert hat. Als 10 Jahre später Ghaddafi erstmals Europäern die (private) Einreise erlaubt, ist Gerhard Witt einer der Ersten, die ein Visum ergatterten.

Und selbst Monate nach dieser Öffnung war Gerhard Witt an der libysch-algerischen Grenze wohl der erste „Tourist“, der dort einreiste, nach der ebenso überraschten wie unbeholfenen Abfertigung durch die Grenzer zu urteilen.

Trotz – oder gerade wegen der jahrzehntelangen Abschottung erfuhr er vor allem in den abgelegenen Gebieten eine Offenheit und Hilfsbereitschaft der lokalen Bevölkerung, die ihn immer wieder sprachlos machte. Im Buch „Mit dem Bulli „Otto“ durch das Meer ohne Wasser“ dokumentiert er das Land in prächtigen Bildern. Zwischen den Erlebnissen lässt er immer wieder Bemerkungen zur Fahrzeugtechnik einfließen, die von potentiellen Nachahmern dankend entgegen genommen werden dürften.

Highlight seiner Reise (und eins der Traumziele eines jeden Saharafahrers) war Wau-en-Namus, jene mondähnliche Oase weit im Südosten Libyens. Dort, wo die Seen bunt und der Wüstensand schwarz sind – aber leider auch abertausende von Mücken den Aufenthalt zur Hölle machen. Nicht nur für Fotografen ein absolutes Highlight.

Eigentlich hatte Gerhard Witt nur im Clubforum der IG T2 über seine Reisen berichtet, doch nach zahlreichen Ermutigungen ließ er sich überreden, ein Buch daraus zu machen. Inzwischen ist es wieder äußerst riskant, nach Libyen zu reisen, dafür können wir in 133 Fotos und Abbildungen schwelgen.

Das 102-seitige Werk ist zwar bei Amazon gelistet, aber nicht bestellbar. Problemlos gibt es das Buch im Clubshop der IG T2 – auch für Nicht-Mitglieder – für €24,90 zzgl Versand. http://shop.bulli.org/

PS: Dies ist keine Werbung, ich habe das Buch ordnungdgemäß gekauft und bezahlt.

 

 

Heeme eins und zwei

Eins

Heute war ein kurzer Fahrtag, rund 180 Kilometer hat google maps berechnet bis zu meinem Elternhaus im Taunus. Die verliefen eher unspektakulär, es waren allerdings wieder einige hübsche, kleine Kreisstraßen und Dorfdurchfahrten dabei. Ah ja: Die Route führte ein kleines Stück durch den Truppenübungsplatz Baumholder. Warnschilder beim Einfahren in das Gebiet, Wegweiser links und rechts verwiesen auf Schießplätze und Kommandostellen. Neben der Bundeswehr üben die US-Streitkräfte hier gern.

Zwei

Vom Taunus in den Fläming kann man schon zwei Fahrtage rechnen, bei bergigen Landstraßen. Gerade die ersten Kilometer im Taunus hatten es in sich, dort hat man offenbar bei Straßenbau die Landschaft völlig ausgeblendet und die Trassen immer die Hänge rauf und wieder runter gebaut. Der Übertritt von (ehemals) West nach Ost fand auf einer unscheinbaren Landstraße zwischen Eschwege (Hessen) und Mühlhausen (Thüringen) statt, immer wieder faszinierend, dass von dieser Mördergrenze absolut nichts mehr zu sehen ist, außer eine Gedenktafel (zumindest nicht im Vorbeifahren).

Am letzten Tag geht es dann von einem Acker, direkt an der Kreuzung des alten Postweges und der Lutherstraße bei Mansfeld in Richtung Fläming.

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Im Schwabenländle und an die Saar

Die Bundesstraße auf der anderen Seite des Sees hatte nachts auch ordentlich Verkehr, das war eher suboptimal.

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Am nächsten Morgen geht es, nach ausführlicher Nutzung der sanitären Anlagen, zunächst hauptsächlich auf gut ausgebauten Bundesstraßen gen Nordwesten. Nach der weit gefassten Umrundung von München kommen auch mal kleine Landstraßen mit ins Programm.

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Unterwegs sehe ich immer wieder Bilderbuch-Bauernhöfe, mit vielen bunten Blumen in den Fenstern und im Garten, gemütlichen Sitzecken unter uralten Bäumen. Wie man sich den Süden Deutschlands eben so vorstellt.

Zum Abend wird’s sportlich: Mein Nachtplatz liegt an einem Fußballplatz. Dort wird heute Abend die Damenmannschaft spielen. Da schaumermal 🙂

An die Saar

Die Gästedamen haben haushoch verloren, 0 – 6, meine ich. Dafür bin ich mit ein paar netten Leuten ins Gespräch gekommen, die Bar hatte geöffnet, damit gab es auch Toiletten – was will man mehr?

Den Michael hatte ich letztes Jahr beim VW-Bus-Treffen Saar am Losheimer See kennengelernt. Und wenngleich er den Wolfsburgern untreu geworden ist und jetzt einen mehr als doppelt so großen Düdo fährt, hatte er noch ein paar VW-Bus-Teile für mich, die ich endlich abholen wollte. Natürlich hat er mir bei der Gelegenheit ausführlich seinen „Neuen“ gezeigt, und beim Durchsehen von Weltreisendentreffen-Bildern haben wir zusammen von neuen Reisen in unbekannte Länder geträumt. Gepennt habe ich wie letztes Mal bei ihm auf’m Hof.

Heim ins Reich der mangelnden Netzabdeckung

So ein Wohnmobilstellplatz in der Stadt ist etwas problematisch bei einem Bedürfnis. Die Damen und Herren der Weißwarenfraktion sind da ja Selbstversorger, unsereins steht deshalb jedoch lieber in der Botanik. So viel zu meinem Nachtplatz in Gemona, einem wirklich interessanten, kleinen Städtchen nördlich von Udine. Der Ort wurde 1976 von einem schweren Erdbeben stark zerstört, auch die historische Altstadt. Aktuell wird noch der Glockenturm auf der Felsspitze wiederhergestellt, dann ist nach über 40 Jahren alles wieder schick.

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Die Fahrt führt über den Plöckenpass, durch den Felbertauerntunnel und über den Pass Thurn,

IMG_6299über Kitzbühel und Kufstein nach Deutschland, wo ich in Anbetracht des Hochladedefizits einen Campingplatz mit WLAN ins Visier nehme. Ups, und schon vorbeigefahren. Am anderen Ufer des Sees stehen die Wohnmobile direkt am Wasser – das sieht schon mal nicht schlecht aus.

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Der Demmelhof möchte € 15 für einen Camper haben, inklusive zwei Personen. Das ist schon mal OK. Dann kommen allerdings noch die Kurtaxe (50 Cent – OK!), die Duschmarke (nochmal 50 Cent) und zwei Euro für das WLAN hinzu, das wiederum nur auf einem Endgerät genutzt werden kann. Brummel. Aber die Duschräume sind beheizt und sehr sauber, das WLAN allerdings ist recht träge. Datennetz über Funk gibt es gar nicht, der Handyempfang ist äußerst mäßig. Willkommen in Deutschland!

Drei-Länder-Tag

Die „weiße Straße“ wurde gegen 19 Uhr tatsächlich schlagartig ruhig, und so hatte ich eine geruhsame Nacht. Das Frühstück am Tag danach, schön am See, an dem tags zuvor die Hölle los war, geplant, viel denkbar kurz aus, da just hier die Sonne gar nicht durchkommen wollte. Also nicht lange rumgetrödelt, ab zurück nach Slowenien. Der Abstieg aus dem Gebirge war noch einmal wunderschön.

Da ich bei der (zweiten) Einreise über die Hauptverkehrsstraße einen langen LKW-Stau südseitig der Grenze gesehen hatte, in dem auch die PKW gefangen waren, beschloss ich, ganz einfach die GO-Route rückwärts zu fahren, also den Grenzübergang Lisac mit der Schotterpiste. Doch was vorwärts geht, muss noch lange nicht rückwärts funktionieren! Zwischen Lisac und Grenze hatte das unscheinbare, schwarze SUV hinter mir auf einmal blaues Blitzlicht – Grenzpolizei, die Zweite! Diesmal waren sie nicht ganz so entspannt wie beim ersten Mal, wollte ich doch nach eigener Aussage von hier nach Slowenien, was nach ihrer Aussage nicht ging. Auch mein Einwurf, dass ich die Strecke vor zwei Wochen selbst gefahren bin, half wenig, machte mich eher noch mehr verdächtig. Was ich in Kroatien gemacht habe, wo ich war, dann wollten sie die Eintrittskarte von Plitvic sehen (die ich zum Glück gefunden habe, zusammen mit einer Tankquittung). Dann wurden mein Name und Kennzeichen per Funk übermittelt, offenbar wurde geprüft, ob ich wirklich dort getankt habe (Zahlung per EC). Natürlich wurde auch der Bus begutachtet, aber ich brauchte nichts auszuräumen.

Zum Schluss wurden mein Ausweis, die Eintrittskarte und der Tankbon sowie das Auto von allen Seiten fotografiert, und ich wurde  zum „richtigen Grenzübergang“ eskortiert.

Jetzt aber fix nach Italien, da kann man wenigstens entspannt frei stehen. Nachdem ich oberhalb von Triest einem Mautpreller-LKW-Stau gerade noch so entkommen war, ging es wieder ganz runter ans Wasser. Einen kleinen Hafenschlenker hatte ich mir von Google zeigen lassen. Leider ist Google nicht aktuell, die letzten 10 Meter wären höchstens mit einem Quad zu befahren und dazu verboten. Dafür habe ich den Timavo gesehen, den vermeintlich kürzesten Fluss der Welt, der aber die Fortsetzung des Reka, dessen Höhlen wir auf der GO-Runde besucht hatten, ist. Wiki weiß zudem: „Dies ist der Ort, an dem die Argonauten des Jason und die Gefährten des Aeneas auf ihrer Flucht von Troja gelandet sein sollen. Hier sollen auch nach der Sintflut die ersten Überlebenden gelandet sein, worauf ihnen einer der vier Engel, die mit ihrer Trompete das jüngste Gericht verkünden, erschien.“ Hat auch was.
Der Nachtplatz ist ein Wohnmobilstellplatz in Gemona, muss man auch mal probiert haben 😉

PS: von diesem Tag gibt es tatsächlich keine Fotos, empfohlen sei aber das Städtchen Gemona, zum Fotografieren war es bei meinem kleinen Stadtrundgang allerdings schon zu dunkel.

Noch ein Mal Küstenstraße, jetzt gen Norden

Am Vortage hatte ich schon einige Informationen zu den Bären und dem Refugium bekommen. Hier werden Bärenbabys gepflegt, die von ihrer Mutter verstoßen oder getrennt wurden. Der Besuch ist kostenfrei, aber Spenden sind möglich. Außerdem können lokale Produkte erworben werden.

Die Fotosession mit den Knuddeligen hatte ich auf heute verschoben, doch das drohte ein Debakel zu werden, denn der Nebel wollte sich einfach nicht auflösen. Der dachte sich wohl auch: Es ist Sonntag, ich mach mal ruhig. Dadurch kam ich am Infostand mit dem Chef -er möchte lieber als Schirmherr bezeichnet werden- Ivan Pavenka ins Gespräch. Er hatte, noch vor der Wende, viele Jahre in West-Berlin gelebt, liest immer noch die Süddeutsche Zeitung und spricht ausgezeichnet Deutsch. Wir philosophierten etwas über Gott und die Welt, bis andere Besucher seine Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen.

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Inzwischen war -wie Ivan übrigens vorausgesagt hatte- die Sonne durchgekommen und so habe ich meine Bärenfotos geschossen.

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Irgendwann nachts hatte hinter meinem Bulli ein Opel Movano mit englischem Kennzeichen eingeparkt. Jetzt stellte sich heraus, dass zwei junge Mädels damit auf großer Tour waren. Im Winter arbeiten sie in Skiressorts und jetzt im Sommer touren sie durch Europa. Genau wie ich, so haben sie mir verraten, hatten sie die „grandiose“ Idee, im Hochsommer nach Spanien und Portugal zu fahren, wobei sie ebenfalls feststellen mussten, dass es eigentlich nur an der portugiesischen Küste auszuhalten ist.

Sie haben mir noch einen „Geheimtipp“ gegeben: die Mini-Bucht Zavratnica ist traumhaft schön, außerdem kann man dort die Reste eines deutschen Schiffes im Wasser liegen sehen. Man kann die Bucht entweder erwandern, das kostet absurderweise aber Eintritt. Oder aber man fährt zum Aussichtspunkt, dann kann man alles von oben bewundern, kostenfrei. Und siehe da: Dort treffe ich noch ein Mal die Mädels.

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So, jetzt geht’s aber rigoros gen Norden. Noch ein Mal Küstenstraße satt. Heute ist Sonntag – Motorradfahrertag. Man (ich!) könnte sich an den Straßenrand setzen und den ganzen Tag Motorräder gucken. Die Strecke ist aber auch optimal: Kurven ohne Ende, guten Straßenzustand und jetzt außerhalb der Saison nicht zu viel Verkehr.

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Zwischen Crikvenica und Rijeka verlassen ich die Adria, und in Hreljin schickt mich das Navi eine Straße hoch, so was Steiles bin ich noch nie gefahren. Himmel ging das zur Sache. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mir etwas mulmig zumute wurde. Ganz großes Lob für den Bus, dass er das ohne Murren geschafft hat.

Bei den in Frage kommenden Freisteherplätzen wird vor Trubel an Wochenenden gewarnt, und leider ist heute Sonntag und tatsächlich ist dort die Hölle los. Also bin ich ein Stück weiter gefahren und habe mir einen Platz neben der Straße gesucht, hoffentlich wird die Straße noch ruhiger die Nacht, im Moment ist zumindest noch wahnsinnig viel Verkehr für eine weiße Straße auf der Karte.

 

In der Höhle der Bären

Es war niemand gekommen. Aber weil sich das so gehört, wollte ich mich bei dem älteren Herrn bedanken und verabschieden. Doch der war gar nicht da, dafür -ich vermute- seine Frau nebst einer Bekannten. Diese sprach sogar etwas Deutsch. Auf meine Frage, was ich für die Übernachtung schuldig sei, antwortete sie nach etwas hin und her mit der Alten wohl eher pauschal: 100 Kuna. Die sollte ich, mit einem Stein beschwert, auf den Tisch der Terrasse legen, meinte sie.

Zum Anfang der heutigen Route hatte ich mir einen zweifachen Schlenker über den Fluss Krka und damit durch den Nationalpark (auf öffentlichen Landstraßen) ausgesucht. Der Abstieg in das canyonartige Tal war wieder spektakulär, die Querung des Talbodens ein Leckerli. Auf der anderen Seite oben angekommen war die weiterführende Straße gesperrt. Aber das machte ja nichts, denn ich wollte links ab, parallel zum Fluss, um diesen weiter oben nochmals zu queren. Doch nach einigen Kilometern war „meine“ Straße unvermittelt auch gesperrt. Ein Mopedfahrer meinte: „Macht nichts, einfach durchfahren“. Haben wir zusammen dann auch gemacht, am verwunderten Dampfwalzenfahrer vorbei bis, ja, bis das Material für den Unterbau nicht schon platt, sondern noch in Haufen auf der Trasse lag. Kein Vorbeikommen möglich. Der Mopedfahrer war offensichtlich auch überrascht, es blieb uns nichts anderes übrig, als zu wenden. Doch…die logische Umleitung wäre -richtig!- die Straße gewesen, die vorhin schon gesperrt war. Für diese wiederum war jedoch eine Umleitung ausgeschildert -frei nach dem Motto „Rom – Paris – Papestraße“- und in einem der folgenden Dörfer wies mir das Navi an, rechts abzubiegen, doch – dort war auch gesperrt.

Hilflosigkeit machte sich breit. Ist das hier ein Labyrinth? Versteckte Kamera? Ohne Zögern habe ich den erstbesten Local angesprochen, in einem Gemisch aus Deutsch und Englisch riet er mir, die Straße rechts am Laden vorbei zu fahren. Der Asphalt werde zwar bald aufhören, aber das sei mit meinem Bulli ja kein Problem (war es auch nicht). „Etwa 10 Kilometer immer geradeaus“, meinte er, und so war es auch. 10 Kilometer feinste GO-Schotterpiste.

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Endlich kam ich auf meine Planstrecke und konnte die zweite Krka-Querung machen, die für all die Mühen reichlich entlohnte.

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Und dann kam sie, die Straße der Straßen. Egal, was ich für Zwischenstopps eingab, das Navi wollte mich partout nicht über diesen Pass schicken. Egal, gefunden hab ich ihn trotzdem. In Bezug auf die Küstenstraße war ich ja schon eine „Treppenstufe“ höher, doch nach dem Abbiegen ging es direkt auf die unnahbar scheinende Gebirgskette zu. Wo soll da ein Einstieg sein?

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Die Straße schlängelt sich um einen vorgelagerten Hügel und nutzt diesen als Tritt für die Felswand. Und auf ein Mal die Autobahn. In einer zehn Kilometer langen Riesenserpentine hat sie sich ebenfalls hochgeschwungen. Mein kleines Sträßchen überquert die Tunneleinfahrt der A1, der Fahrbahnbelag geht in Schotter über und klettert weiter fleißig nach oben.

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Es schottert und schlängelt sich an den Felswänden entlang, biegt um die nächste Ecke, um wieder neue Fernsichten freizugeben. Das Panorama und die Landschaft, behaupte ich mal, können locker mit der Ligurischen Grenzkammstraße (Nord) mithalten. Einfach nur traumhaft.

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Kurz vor einem ersten Scheitel stehen drei Landrover mit der Beschriftung „Foto-Safari“. Die Herren Chauffeure schauen etwas verwirrt, die Fotogäste nehmen vermutlich ungeplante Bullibilder von der Safari mit nach Hause. Hier soll auch ein Winnetou-Drehort sein (Tal der Toten). Auf dem richtigen Pass, Mali Alan, 1044 Meter, steht dann noch ein Wegweiser, wohin es denn überhaupt geht. Gut zu wissen, hier oben. Als ob man noch groß eine Auswahl hätte.

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Die Abfahrt ist nicht ganz so spektakulär, da im Mischwald, der sich allerdings in schönsten Oktoberfarben zeigt.

Und dann kratzt die Tanknadel am „R“. Bin zwar wieder unten, aber hier sind nur Dörfer. Das schlaue Navi schickt mich auf eine Autobahntanke, obwohl es auf „Autobahnen vermeiden“ eingestellt ist. Die nächste größere Stadt ist Gospic, 32 Kilometer. Ich hasse so was. Und natürlich ist an der Einfallstraße, über die ich reinkomme, keine Tanke. Und auch nicht an der, auf der ich wieder raus fahre. Also wieder gefragt. Richtung Zagreb soll ich fahren. Dort gibt es gleich zwei. Tatsächlich.

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Nächstes Ziel war das Bärenrefugium in Kuterevo. Für die Anfahrt hatte ich mir wiederum einen schönen Schurbelschlenker ausgesucht. Der hatte es allerdings in sich. Irgendwie hatte ich die Distanz unterschätzt, die Strecke zog sich ewig und die Sonne senkte sich. So was im Dunkeln zu fahren ging aber gar nicht. Also immer ein Auge auf die verbleibenden Kilometer, eins auf die Uhr (und ein halbes auf den Stand der Sonne). Angeblich konnte man beim Refugium auch über Nacht stehen. Doch was, wenn nicht? Im Dunkeln einen Nachtplatz suchen geht gar nicht. Unterwegs wären genug gewesen, aber das war im Naturpark. Letztendlich konnte ich bei den Bären nächtigen. Zu den Knuddeltieren beim nächsten Mal mehr!

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Der Tag beginnt mit einem traumhaften Sonnenaufgang. Zudem stehe ich fünf Schritte vom Wasser (und: Ja, ich war sogar drin. Natürlich hat just da das Handy gestreikt, also gibt es kein Beweisfoto. Und jetzt erzähl mir nichts von Märchen!).

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Das Pärchen genießt ebenfalls den Sonnenaufgang und ist dann in Nullkommanichts verschwunden. Keine Spur auch vom Betreiber. Er soll ja gestern Abend da gewesen sein, hat sich aber nicht die Mühe gemacht, mich zu begrüßen, sondern ist einfach wieder verschwunden. Auch jetzt ist niemand da, nur die vier angeketteten Hunde und unendlich viele Katzen. Der Pick-Up steht -wie schon gestern- mit Zündschlüssel und offenen Fenstern vor dem Gebäude, in der „Bar“ dudelt Musik, auf und unter einem Tisch stapeln sich Hunde- und Katzenfutter, wo’s geht, haben sich die Katzen bereits selbst versorgt. Auch im Auto haben sie es sich bequem gemacht – Fenster steht ja offen. Alles sehr strange. Da nach wie vor niemand da ist, der meine Bezahlung annimmt, muss ich leider ohne abreisen. So halte ich doch noch meinen Plan ein, in Kroatien wenigstens jede zweite Nacht „frei“ zu stehen. Ein bisschen nervös bin ich aber doch, dass ich dem Betreiber, der mein nicht gerade unauffälliges Auto ja bestimmt gesehen hat, unterwegs begegne. Schließlich gibt es nur eine Zufahrtsstraße zu dem Inselkomplex.

Ich möchte noch etwas der Küstenstraße fahren, umschiffe Zadar, denn das Stadtgewusel nervt, und fahre bis kurz vor Trogir.

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Auch wenn die neue Straße immer noch viele 40-km/h-Kurven hat, ab und zu sieht man Reste der alten Trasse: viel schmaler, mehr Steigungen und noch krassere Kurven. Kein Wunder, dass die seinerzeit als höchst gefährlich galt.

Ich beschliesse, wieder ins Landesinnere zu fahren. Die Küste ist mir einfach zu hektisch, zumindest auf großen Strecken, so schön sie auch ist. Überall stand schon der Nationalpark „Krka“ angeschrieben (nein, der hat nichts mit der Insel zu tun). Doch hier schreckt wieder der hohe Eintritt ab: 26 €. Das scheint so ein Konzept zu sein: Wir bieten ein Gesamtpaket aller Attraktionen an, doch wer nur eine sehen will, hat Pech: Einzeltickets gibt es nicht (bei der Großglocknerstraße ist das ähnlich). Also fahre ich nur um den Park herum, genieße die Landschaft, und für die Nacht habe ich den „Camp Europa“ angepeilt.

Doch das Tor ist zu. In der Einfahrt nebenan sitzt hinten ein älterer Mann. Ich befrage ihn und er bedeutet mir, er werde aufschließen. Letztendlich galt es nur, einen Riegel aufzuschieben, er deutet mir an „Such dir einen Platz“ und geht wieder zurück. Auch spannend…mal sehen, wie das hier morgen früh ist bzw. ob heute Abend noch jemand kommt.

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