Immer noch Tag 12 (3.1.1993) – 424 km

Wir hatten Jordanien bereits zur Hälfte durchquert, die Hauptstadt Amman und auch die von dort noch guten Straßen hatten wir hinter uns gelassen. Hinter Ma‘an folgte ein kleiner Abstieg, und dann eröffnete sich das Panorama des Golf von Aqaba: Vor uns die jordanische Hafenstadt Aqaba, rechts das israelische Elat und dahinter das ägyptische Taba. Leider gab es zu der Zeit keinen Weg, der diese drei Städte miteinander verband – das wäre am einfachsten gewesen. Stattdessen muss man, um nach Ägypten zu kommen, mit der Fähre (genannt „Brücke von Arabien“) von Aqaba nach Nuweiba auf dem Sinai. Immerhin: das Ende unseres Bangens. Was uns vor der Abreise keiner in Europa mit Sicherheit sagen konnte: die Fähre existiert!
Nach einigem Suchen haben wir den richtigen Hafen gefunden, wo diese Fähre ablegen sollte. Es war 14:30 Uhr. Wir durften aber noch nicht auf das Gelände fahren, denn wir hatten noch kein Fährticket. Also zu Fuß zum Büro, um ein Ticket zu kaufen und unsere Ausreiseformalitäten zu erledigen. Wir fühlten uns etwas unter Zeitdruck, denn es hieß, die Fähre legt gegen vier, halb fünf ab.

DM 210 kostete und die Überfahrt, nicht gerade ein Schnäppchen für die kurze Strecke auf dem rumpeligen Kahn, aber die meisten Mitfahrer waren Kuwaitis und Saudis, und Ägypter, die dort arbeiten und genug Geld haben.
Irgendetwas schnarrte aus den Lautsprechern, und alle rannten zu den Autos. Aber nein, jetzt kamen erst die Passagiere vom Schiff runter. Insgesamt dauert es noch eine ganze Weile, erst um 19 Uhr waren wir dann endlich unterwegs. Zeitangaben sind in der arabischen Welt immer relativ.
Gegen 22 Uhr liefen wir in Nuweiba ein. Bei den Einreiseformalitäten hat uns ein Deutsch-Student geholfen: Geld wechseln, Stempel, Visa, Unterschriften sammeln, bezahlen, noch ein paar Stempel fürs Auto: Versicherung, Steuer, Carnet de Passage und die ägyptischen Zollkennzeichen. Es war wie die Einreise nach Syrien, nur alles doppelt so viel: von „Büro“ zu „Büro“, Formular ausfüllen, Stempel holen, bezahlen. Für jede Handlung ein separates Büro. Motornummer mit einem Bleistift auf ein Stück Papier abgepaust. Ebenso die Fahrgestellnummer. Die befindet sich beim Käfer bekanntermaßen unter der Rücksitzbank. Und da lag natürlich…unser ganzes Gepäck (der eigentliche Kofferraum des Käfers bietet ja nicht besonders viel Platz). Als wir fertig waren, zeigte die Uhr auf halb zwei. Nachts. Knapp vier Stunden Einreiseformalitäten bis tief in die Nacht – definitiv Grenzübergang Level 5!

Höchste Zeit, ein Bett für die Nacht zu suchen. Nuweiba-Tourism-Village war arg teuer, wir wählten einen Bungalow-Park, der war (für ägyptische Verhältnisse) immer noch teuer genug, aber dafür hatten wir schönsten Meerblick (bringt nachts allerdings nicht viel).
Tag 13 (4.1.1993) – 534 km
Das erste ägyptische Benzin fließt in den Tank: 1 ägyptisches Pfund pro Liter (55 Pf). Wow!
Einmal quer durch den Sinai: erst auf der Sohle eines steil eingeschnittenen Wadis empor, dann plötzlich Palmen, eine Oase. Ein kleiner Bach fließt mal links, mal rechts neben der Straße, die sich durch das Grün windet. Dann, auf einen Schlag: alles wieder knochentrocken. Die Landschaft wird sanfter, hügelig.

Und bald zeigt sich, dass eine Michelin-Karte auch nicht unfehlbar ist: Wir wollten den Suezkanal über eine auf der Karte verzeichnete Brücke queren. Passend gab es dort auch einen Ort, der Kubri (=Brücke) hieß. Nur die Brücke gab es nicht (mehr?). Stattdessen standen wir auf einmal fast mitten in einem Militärcamp. Keine gute Sache. Also dann doch mal den Umweg über den Ahmed-Hamdi-Tunnel. Und schon bald befinden wir uns auf der luxuriösen Autobahn Suez-Kairo, über die es nichts zu berichten gibt, außer dass die einzige Tankstelle dort schon seit drei Tagen nur noch Diesel im Angebot hat. Aber bis Suez sollten wir es mit der Nuweiba-Tankfüllung schaffen…ach und: wenn hier sonst absolut nichts ist – aber Stacheldrahtzäune und Plastikmüll, der sich darin verheddert.

Tja, und dann kommt langsam Kairo in Sicht. Wie bei den meisten großen Städten der dritten Welt sind die Ausfransungen der Stadt wenig charmant. Aber wer glaubt, dass man von solch einer schicken Autobahn vernünftig ins Zentrum gleitet wird, liegt falsch. Auch wer denkt: es wird wohl mehr oder weniger geradeaus sein, liegt daneben. Irgendwann landeten wir aber doch auf bekanntem Terrain (ich war ja 1990 schon ein halbes Jahr dort gewesen), und dann war das Institut der niederländischen Universitäten auf der Nilinsel Zamalek auch bald gefunden. Endlich ein wenig Heimatgefühl.

Doch Anti-Klimax: die Zimmerreservierung im Institut hatte nicht geklappt. Während drei Jahre zuvor das Institut um diese Zeit quasi leer stand, war jetzt alles voll. Doch das empfohlene Hotel war nicht weit und günstig.
Nach 13 Fahrtagen waren wir am Ziel! 13 Tage fahren von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang (im Winter sind das ja nicht soooo viele Stunden, wenngleich wir ab und zu gegen das eherne Gebot, nicht im Dunkeln zu fahren, verstoßen haben. Was uns auch so manche Schrecksekunde beschert hat.)
Zusammenfassung:
Distanz: 6907 km
Fahrtdauer: 13 Tage
Kosten: umgerechnet ca. 1800 DM für zwei Personen, alles Inklusive: Visa, Essen, Benzin, Übernachtungen, Fähre.
Defekte: Scheibenwischermotor.
Temperaturen in Grad: Amsterdam 5, Frankfurt 3, Wien -5, Rumänien -8, Sofia -5, Istanbul 0, Dinar -5, Antalya 12, Antakya 5, Homs 0, Amman 10, Aqaba 14, Kairo 16.
Benzinpreise in DM: Deutschland 1,33; Österreich 1,35; Rumänien 0,72; Bulgarien 0,50; Türkei 0,98; Syrien 0,91; Jordanien 0,53; Ägypten 0,48, Sinai teurer.
Durchschnittlicher Benzinverbrauch über die gesamte Tour: 8,22 l/100 km
